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Praxiserfahrung

»In der Famulatur ist kein Platz für Schüchtern­heit«

Frau mit einem weißen Kittel lächelt in die Kamera.
Bora Krasniqi empfand den hohen Wissenszuwachs als wertvoll, den sie während ihrer Famulatur in der Praxis erlebte.

Lesedauer: 3 Minuten

 

Medizinstudentin Bora Krasniqi (25) besuchte in ihrer vierwöchigen Famulatur eine Kinderarzt-Praxis. Sie ist jetzt im letzten Tertial ihres PJ und macht im Juni ihr zweites Staatsexamen.

 

Bora, weshalb hast du bei einem niedergelassenen Kinderarzt famuliert?

Ich finde Kinder einfach wunderbar und unterhaltsam, da geht mir das Herz auf.  Vor allem in der Niederlassung begleitet man Kinder vom Baby- bis ins jugendliche Alter. Das ist ganz anders als zum Beispiel in der Chirurgie: Da kommen die Patienten, werden einmal behandelt oder operiert und sind wieder weg. Hier verfolgt man die ganze Entwicklung eines Kindes. Außerdem hat die Pädiatrie viele Schnittstellen mit anderen Fächern, sodass man auch in anderen Disziplinen fit bleibt. Was mich beeindruckt hat: Der Arzt hat oft auf den ersten Blick erkannt, welches Problem das Kind hatte.

 

Wie selbstständig konntest du agieren? Hast du dem Arzt über die Schulter geschaut oder durftest du aktiv mit den Patienten arbeiten?

Ich war vier Wochen lang dort. Eine Woche habe ich zugeschaut, Krankheitsbilder gelernt und mich mit dem Praxisablauf vertraut gemacht. Eine Woche später habe ich Anamnesen erhoben und mit der körperlichen Untersuchung begonnen. Ich habe zum Beispiel die U-Untersuchungen durchgeführt, die Lunge und das Herz abgehört, in die Ohren und den Rachen geschaut, Hör- und Sehtests mit einer Arzthelferin durchgeführt und habe einfache Therapien vorgeschlagen. Außerdem gab es die Möglichkeit, das Impfen zu lernen.

 

Was hat dir an der Arbeit als Famulantin am besten gefallen?

Der hohe Wissenszuwachs. Man liest das zwar alles, aber die eigentliche Praxis ist viel eindringlicher. Endlich raus aus dem Hörsaal und ein Gefühl für Krankheitsbilder entwickeln! In der Praxis habe ich das persönliche Verhältnis zu den Patienten erlebt, das harmonische Miteinander im Kollegium, das positive Arbeitsklima. In der Niederlassung gab es eine gute Kommunikation, geregelte Abläufe, weniger Überstunden und keine Nachtschichten. Und als niedergelassener Arzt oder Ärztin kann man selbst über die Auswahl des eigenen Personals entscheiden. Ich kann mir sehr gut vorstellen, mich selbst einmal niederzulassen.

 

Welche Erwartungen und Gedanken hattest du vor der Famulatur?

Meine Erwartung war, fachlich, aber auch in der Patientenkommunikation zwischen Kinderarzt und Eltern, viel dazuzulernen. Ich habe viel über die breitgefächerte Pädiatrie erfahren, es war sehr abwechslungsreich.

 

Denkst du, die Famulatur ist ein wichtiger Teil des Studiums?

Definitiv. Wichtig ist ein guter Arzt, der gern lehrt und einem etwas beibringen möchte. Aber es braucht auch Eigeninitiative. Schüchternheit beziehungsweise Zurückhaltung ist da fehl am Platz.

 

Dr. Malte Mürköster hat sich vor vier Jahren in Duisburg mit einer internistischen Hausarztpraxis niedergelassen. Seine Praxis ist zugleich akademische Lehrpraxis der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, in der der 42-Jährige immer wieder Famulanten betreut.

 

Dr. Mürköster, welche Erfahrungen machen Famulanten in Ihrer Praxis?

Ich habe bisher vier Famulanten betreut. Sie waren alle im letzten Drittel ihres Studiums. Das wäre auch meine Empfehlung an die Studierenden, dass sie ihre Famulatur so spät wie möglich im Studium absolvieren, wenn sie sich für die Arbeit in der Praxis interessieren. Denn die Krankheitsbilder, die sie in der Praxis erleben können, sind sehr komplex. Sie haben daher noch mehr von ihrer Famulatur, wenn sie bereits einiges an Wissen mitbringen. Denn die Studierenden laufen ja nicht nur mit, sondern denken auch mit.

 

Was ist aus Ihrer Sicht ein Vorteil bei der Famulatur in der Praxis?

Die Studierenden erleben den alltäglichen Praxisablauf hautnah. Leider bleibt nicht immer Zeit, jedes Detail zu erklären, auch wenn es mir großen Spaß bereitet, zu lehren. Doch auch wenn die Zeit mitunter bei einer Untersuchung knapp ist, hat die Praxis-Famulatur den Vorteil, dass man die Patienten immer wiedersieht. Das ist auch der grundlegende Unterschied zu einer Famulatur im Krankenhaus: Dort erlebt man die Patienten nur eine gewisse Zeit und dann nicht mehr. In der Praxis ist das anders. Hier sieht man sich regelmäßig und dadurch bauen sich Patientenbeziehungen auf.

 

Wie war das Feedback der Famulatinnen und Famulanten?

Sehr gut. Wenn ich zurück an mein Studium denke: Ich hatte nur zwei Wochen Blockpraktikum, die ich in einer Praxis verbracht habe. Aber da war so wenig los, dass ich mich fast gelangweilt habe. Das ist hier ganz anders. Hier ist jeder Tag vollgepackt und abwechslungsreich. Die Studierenden haben sich durchweg über die Praxis-Einblicke gefreut.

 

Was war Ihre persönliche Motivation sich niederzulassen?

Ich habe fast 15 Jahre in der Klinik gearbeitet. Für mich war es sehr reizvoll selbstständig zu sein. Nicht in den Klinikstrukturen zu stecken, die sich rapide verändert haben. Ich wollte so nicht mehr weitermachen und habe für mich entschieden, es ist eine schöne Sache in die eigene Praxis zu gehen. Als sich dann die Gelegenheit ergab, habe ich es einfach gemacht. Auch wenn sicher ein bisschen Mut dazu gehört hat, den Schritt zu gehen – ich habe es nicht bereut.

 

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