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Aktuelles

Die News-Visite (Folge 8): Schönen Gruß, dein Ich aus der Zukunft

Wie sieht die Medizin der Zukunft aus? Und welche Tipps würde uns unser Ich aus der Zukunft für die Gegenwart geben? Schau in die News-Visite – das erste garantiert unvollständige News-Format für junge Medizin.

Ein lächelndes Mädchen im Gespräch mit Freunden. Darauf das Logo der News-Visite.
© Stefan Tempes/ iStock/jacoblund

Lesedauer: 5 Minuten 

+++ Die Leiden des jungen Doktors Bomgard +++

Sich für ein Medizinstudium und für den Beruf der Ärztin oder des Arztes entschieden zu haben, bedeutet lebenslanges Lernen. Schon in den ersten Semestern vergrößert sich dein Wissen durch das Aufsaugen des Lernstoffes in kürzester Zeit in etwa so sehr, wie aus einem Kalb durch die Milch der Mutter nach wenigen Wochen eine riesige Kuh wird. Würden wir also aus der Zukunft auf unser gegenwärtiges Ich schauen, würden wir uns wahrscheinlich wundern, den Kopf schütteln oder uns einfach nur zurufen: »Machmanichso!«

»Harry Potter«-Darsteller Daniel Radcliffe kann in einer neuen Serie ein Lied davon singen: In seiner Rolle als junger russischer Arzt unterhält er sich zwischen 1917 und 1934 mit seiner älteren Version Jon Hamm in einer Badewanne. Was nach einer arte-Produktion klingt, ist auch eine. »A Young Doctor’s Notebook« ist über die arte-Mediathek abrufbar und eine ziemlich halluzinatorische Angelegenheit. Aber: Der Gedanke hat doch was. Was würde dein Famulatur-Ich deinem PJ-Ich zurufen? Was würde dein Ich kurz vor dem Ruhestand dir heute über die Medizin der Zukunft verraten?

+++ Digitaler Türöffner +++

Erst mal: Mach dich nicht verrückt wegen der Digitalisierung. Sie wird kommen, so oder so, und am Ende profitieren du und deine Patienten vom technischen Fortschritt. Stimmt das? Wahrscheinlich schon. Denn auch wenn man bei den ganzen Entwicklungen schon einmal den Überblick verlieren kann, wird spürbar: Da geht was. Beispiel: Bisher hat nur jede oder jeder zwölfte Niedergelassene den eArztausweis. Das könnte sich bald ändern. Und das ist gut so, denn der eHBA – der elektronische Heilberufsausweis – dient nicht nur als Sichtausweis, wie es das Vintage-Modell auf Papier tat. Nein, mit dem Arztausweis 2.0 können sich Ärztinnen und Ärzte auch im Netz ausweisen. »Der eHBA ist der Türöffner für das digital vernetzte Gesundheitswesen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, die neueste Generation des eHBA zu beantragen«, sagt Erik Bodendieck, Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer.

Warum? Nun, seit Sommer gibt es den ersten Fachdienst für die Anwendung »Kommunikation im Medizinwesen« (KIM). Dies war ein entscheidender Schritt, um den sektorenübergreifenden Versand vertraulicher Nachrichten, Daten und weiterer Dokumente wie Arztbriefe, Abrechnungen und elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu ermöglichen. Und hierfür braucht man den eHBA. Ab sofort können Ärztinnen und Ärzte bundesweit ihren Arztausweis im Chipkartenformat bestellen.

+++ Klingt nach Corona +++

Die Medizin der Zukunft hat aber noch weitere Asse im Ärmel. Der Wissenschaftler Björn W. Schuller von der Universität Augsburg zum Beispiel hat sich das Ziel gesetzt, mithilfe künstlicher Intelligenz und Stimmanalysen die Diagnose unterschiedlicher Krankheiten zu ermöglichen. Schuller ist Professor für künstliche Intelligenz und digitale Gesundheit. Im Moment arbeitet er daran, Siri und Alexa anhand eines vorgelesenen Textes oder auch freier Sprache die Wahrscheinlichkeit errechnen zu lassen, ob jemand mit Sars-CoV-2 infiziert ist. Als aktuelle Trefferquote gibt er stabile 80 Prozent an. In einer Mitteilung seiner Universität Augsburg heißt es, der Wissenschaftler hätte zwischen 2012 und 2016 auch schon so einiges am Klang erkannt. Erkältung – geschenkt, kann man sich noch vorstellen. Kehlkopfkrebs – okay. Aber Autismus und Parkinson? Donnerwetter.

+++ Spahns Gesundheits-Google +++

Manch einer fragt sich: Werden Ärztinnen und Ärzte in Zukunft noch den gleichen Stellenwert wie heute haben, wenn KI ihnen so vieles abnimmt? Mit Sicherheit. Denn Maschinen können zwar abfertigen, aber Empathie zeigen, in Beziehung zu Menschen stehen und somit letztlich heilen – das kann nur der Mensch. Und diese Fähigkeiten werden immer wichtiger. Je mehr Patienten Zugriff auf Wissen haben, desto wichtiger ist jemand, der dieses Wissen vermitteln und bewerten und die Spreu vom Weizen trennen kann. Einer aktuellen Umfrage eines Kontaktlinsenonlineshops zufolge googeln 83 Prozent der Befragten ihre Krankheitssymptome lieber, statt sie professionell behandeln zu lassen. So geht’s nicht, findet das Bundesgesundheitsministerium – und hat eine Zusammenarbeit mit Google gestartet, damit verlässliche Gesundheitsinformationen über die Suchmaschine künftig leichter zu finden sind. Konkreter: Das als »nationales Gesundheitsportal«(NGP) bezeichnete Vorhaben mit seiner Informationsseite gesund.bund.de soll prominent in den Suchergebnissen platziert werden. Und ja, natürlich soll das NGP »den Arztbesuch nicht ersetzen«, lautete die Regierungsantwort auf eine parlamentarische Anfrage der FDP im Bundestag. Also: entspannt bleiben first, Bedenken second.

+++ Don’t call me Assi +++

Die Zukunft wird aber nicht nur digitaler: Es gibt Anzeichen, dass sie auch emphatischer wird und alten Diskriminierungen den Kampf erklärt. Sowohl in der Gesellschaft als auch in der Praxis und im OP. Die Ärztekammer Schleswig-Holstein (ÄKSH) beispielsweise hat eine Debatte über die Berufsbezeichnung des »Assistenzarztes« angestoßen. »Assistenz lässt volle Anerkennung vermissen«, kritisierte ÄKSH-Präsident Henrik Herrmann. Er empfahl deshalb, den Begriff zu streichen und durch »Weiterzubildende« oder »Arzt bzw. Ärztin in der Weiterbildung« zu ersetzen. Seine Begründung: Ehemalige Studierende mit abgeschlossenem Medizinstudium und der Erteilung der Approbation seien vollwertige Mitglieder der Ärzteschaft. Danke.

+++ Ein Herz für Spender +++

In deinem Leben als Ärztin oder Arzt wird es immer diese Momente voller Wertschätzung geben, die von den Patienten ausgehen. Momente, in denen du spürst, wie wichtig dein Beruf ist. Und manchmal auch einfach nur reine WTF-Momente. In Kalifornien kam neulich alles zusammen: Ein Hubschrauber mit einem für eine Organspende vorgesehenen Herzen an Bord stürzte ab auf das Dach des Krankenhauses. Alle Insassen überlebten – auch das Herz blieb unversehrt. Als hätte es das Herz nicht schon schwer genug gehabt, stolperte der herbeieilende Arzt auf dem Weg zum Operationssaal auch noch über ein Trümmerteil des Hubschraubers und das Herz fiel ihm aus der Hand. Letztlich verlief die Transplantation gut und der betroffene Patient ist wohlauf. Er kann wahrlich behaupten, ein starkes Herz zu haben. Und der Arzt? Vielleicht saß ihm abends in der Badewanne sein Alter Ego aus der Zukunft gegenüber und prostete ihm mit ermutigender Miene zu.

 

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