Zum Hauptinhalt springen
Hausärzt:innenmangel

Studienquote gegen Unterversorgung

Immer mehr frei werdende Stellen für Hausärzt:innen bleiben in Zukunft unbesetzt. Das könnte in den nächsten Jahren zu einer massiven Unterversorgung im hausärztlichen Bereich führen. In Thüringen soll eine Studienquote genau dies abfedern.

Eine Ärztin bespricht Laborergebnisse mit einer Patientin.
Für viele Menschen wird es in Zukunft schwieriger werden, Hausärzt:innen zu finden. ©iStock/monkeybusinessimages

Info für mich

Erfahre mehr über die Fördermaßnahmen der KV Thüringen und über die Stiftung zur Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung in Thüringen. Neben der hausärztlichen Versorgung gibt es auch Fördermöglichkeiten für andere Fachbereiche in der Niederlassung.

Lesedauer: 5 Minuten

Wird es künftig einen großen Mangel an Hausärzt:innen geben? Wie die Robert Bosch Stiftung in einer Studie aus dem Jahr 2021 zeigt, stieg die Zahl der vertragsärztlich tätigen Hausärzt:innen zwischen 2009 und 2020 nur um etwa ein Prozent – zu wenig. Denn laut Studie werden bis 2035 rund 11.000 Hausarztstellen nicht besetzt sein und somit droht rund 40 Prozent der Landkreise eine Unterversorgung. Zum Vergleich: Andere Fachgruppen verzeichneten im gleichen Zeitraum einen Zuwachs von rund 16 Prozent. Gerade die Versorgung im hausärztlichen Bereich steht also vor besonders großen Herausforderungen.

Thüringen möchte ab dem Wintersemester 2024/25 sechs Prozent der Medizinstudienplätze an der Universität Jena an Bewerber:innen vergeben, die sich vorab zu einer mindestens zehnjährigen Tätigkeit als Hausärzt:innen in einer von Ärzt:innenmangel betroffenen Region im Freistaat entscheiden. Durch die bereits aufgestockte Zahl der Studienplätze auf 286 würde das künftig 17 Studienplätze betreffen.  Um den drohenden Mangel an Hausärzt:innen abzufangen, wären sogar noch mehr Plätze nötig, sagt Dr. Annette Rommel, erste Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Thüringen. »Ginge es rein nach dem Bedarf, müssten es eher 30 Prozent sein. Aber es braucht vor allem die Motivation der Menschen selbst, Hausarzt werden zu wollen.  Man kann niemanden dazu zwingen«, so Rommel. »Wir tun in Thüringen schon eine ganze Menge, um junge Mediziner:innen und auch Quereinsteiger:innen zu fördern und deren Weg in die Niederlassung zu ebnen.«

Dazu zählt zum Beispiel  die sogenannte Niederlassungsfahrschule: Ärzte, die die Niederlassung kennenlernen möchten, können zunächst angestellt in einer Stiftungspraxis, einer Eigeneinrichtung der KV Thüringen, praktizieren. Dr. Rommel: »Hier werden Ärzt:innen zunächst für zwei Jahre in einer Praxis angestellt und können dabei erfahren, was es bedeutet, in einer Niederlassung tätig zu sein und ob sie sich das künftig vorstellen können.«

Corona verzögerte Quoteneinführung

Eigentlich sollte die Hausärzt:innenquote schon zum Wintersemester 2021/22 eingeführt werden, das wurde durch die Corona-Pandemie allerdings verzögert. Allein in Thüringen ist knapp ein Drittel der Hausärzt:innen 60 Jahre und älter, wie aus dem Versorgungsbericht der KV hervorgeht. Das Problem haben aber alle Bundesländer. Insgesamt war im Jahr 2020 mehr als jeder dritte Hausarzt 60 Jahre oder älter, was zu einer erheblichen Verschärfung der Probleme bei der Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung führen wird.

Hausärzt:innen arbeiten mehr in Teilzeit

In der Niederlassung kam es in den vergangenen Jahren zu weniger erbrachten Arbeitsstunden der Hausärzt:innen. Das liegt unter anderem daran, dass immer mehr angestellte, aber auch selbstständige Mediziner:innen in Teilzeit arbeiten. 2020 arbeiteten 11,9 Prozent der Ärzt:innen unter 30 Wochenstunden (2009: 2,4 Prozent). Gleichzeitig hat sich die Zahl der angestellten Hausärzt:innen von 3400 auf knapp 12.000 mehr als verdreifacht.

Work-Life-Balance

Viele Studienabsolvent:innen wollen Familie und Beruf unter einen Hut bekommen. Und favorisieren deshalb häufig eine Anstellung in Teilzeit oder eine freiberufliche Niederlassung mit halbem Versorgungsauftrag. Das trifft zwar auch heute noch vermehrt auf Ärztinnen zu. Rommel aber betont: »Je nach Lebensphase kommen natürlich verschiedene Arbeitsmodelle infrage. In der Gesamtgesellschaft wird die Arbeitszeit weniger. Und da sind nicht die Frauen hauptsächlich in der Verantwortung. Die machen in Thüringen  sogar mehr als 60 Prozent der Hausärzte aus.«

Wachsende Bevölkerung

Was die Versorgung zusätzlich bedroht, ist die immer älter werdende Bevölkerung. Während zu wenige Hausärzt:innen für ältere Kolleg:innen nachrücken, benötigen zunehmend mehr Bürger:innen medizinische Versorgung. Die Dichte an Hausärzt:innen sinkt nach Berechnungen der Bosch Stiftung bis zum Jahr 2035 um neun Prozent auf 57 Hausärzt:innen je 100.000 Einwohner (von 63 Hausärzt:innen im Jahr 2019), hier in Vollzeitäquivalenten gezählt, also unter Berücksichtigung von Teilzeittätigkeit.

Quoten und Gesundheitszentren gegen Ärztemangel

Ob Gesundheitszentren oder Quoten für Studierende –der Unterversorgung muss entgegengesteuert werden. Ob der Weg in Thüringen zum gewünschten Erfolg führt, wird sich erst in einigen Jahren zeigen. Ein erster Schritt ist jedenfalls gemacht. 

 

Über die Autor:innen

Das Redaktionsteam der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) ist die Dachorganisation aller 17 Kassenärztlichen Vereinigungen und vertritt die Interessen von Vertragsärzt:innen und Psychotherapeut:innen auf Bundesebene. Auf »Lass dich nieder!« gibt das Redaktionsteam Medizinstudierenden nützliche Tipps rund ums Studium und teilt Erfahrungen und Fakten rund um die ärztliche Niederlassung.

Du willst noch mehr spannende Infos rund um die Medizin erfahren?

Folge »Lass dich nieder!« auf Instagram und verpasse keine Neuigkeiten mehr.
Jetzt abonnieren!

Teaser-Spalte überspringen
Ende der Teaser-Spalte