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BWL-Checkliste für deine Praxis

»Die Insolvenzen bei Praxen gehen gegen Null.«

Du träumst von deiner eigenen Niederlassung, hast aber Respekt vor den Themen Investitionen, Geschäftsführung und Bilanzen? Keine Sorge: Dahinter steckt keine Raketenwissenschaft. Wir geben dir einen Überblick über die wichtigsten Aspekte, die du bei der Leitung deiner Praxis auf dem Schirm haben solltest – und wo du Unterstützung dabei erhältst.

Michael Stillfried lächelt in die Kamera.
Michael Stillfried ist betriebswirtschaftlicher Berater bei der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg und unterstützt Ärzt:innen bei ihrer Finanzplanung. ©privat

Lesedauer: 7 Minuten

Wenn du Inhaber:in deiner eigenen Praxis bist, geht es für dich nicht nur um Diagnosen und Befunde. Du führst gleichzeitig ein eigenes kleines Unternehmen und verdienst mit dem Betrieb deinen Lebensunterhalt. Dementsprechend ist es wichtig für dich, Einnahmen und Kosten ganz genau im Blick zu behalten. Auch wenn Zahlen und Abrechnungen nicht dein Ding sind, gibt es ein paar einfache Stellschrauben, an denen du drehen kannst, um deine Praxis auf Kurs zu halten. Welche das sind, weiß Michael Stillfried, betriebswirtschaftlicher Berater der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg.

 

1. Werde dir klar über die Investitionen, die du zur Eröffnung deiner Praxis tätigen musst

Übernehme ich eine Praxis? Wie hoch ist der Kaufpreis? Was will ich in den Räumen verändern? Bevor du in deine Niederlassung startest, musst du erstmal die passende Grundlage dafür schaffen. Sprich: Einen Kassensitz, gute Räumlichkeiten und die richtige Ausstattung finden. Du musst also zunächst in deinen zukünftigen Arbeitsort investieren, bevor die ersten Gewinne auf deinem Konto landen. Michael Stillfried empfiehlt: »Die gesamten Investitionskosten müssen aufgelistet werden, inklusive eines Puffers. Diesen Betrag sollte man sich dann bei der Bank reservieren.«

Verschaffe dir einen Überblick über die Investitionen

Wie viel du in deine eigene Praxis investieren musst, hängt sowohl von deiner Fachrichtung als auch von der Lage deiner Räumlichkeiten ab. »Für eine Hausarztpraxis in eher ländlichen Regionen starten die durchschnittlichen Investitionskosten im niedrig sechsstelligen Bereich«, so Stillfried. »Eine radiologische Praxis hingegen wird eher im Millionenbereich liegen – schon allein wegen der Gerätschaften.« Lass dich jedoch von den Summen nicht schocken. Mit einer gut geplanten Niederlassung holst du das Geld wieder rein. »Die Insolvenzen bei Praxen gehen gegen Null. Und selbst in diesen Fällen sind es eher private Themen, die die Praxis zu Fall gebracht haben.«

Du willst Unterstützung bei der finanziellen Planung deiner Praxis erhalten? Viele Kassenärztliche Vereinigungen bieten betriebswirtschaftliche Beratungen an, die dir helfen, dein Vorhaben einzuschätzen und im Zweifel Alternativen zu finden.

Finde die richtige Finanzierung für deine Praxis

Es gibt zwei Klassiker zur Finanzierung deiner eigenen Niederlassung: den Kredit von der Bank als auch Unterstützung von der Familie. Du hast aber auch gute Chancen auf Förderungen, zum Beispiel von den Kassenärztlichen Vereinigungen, Regionen und Kommunen. »Das reicht zwar in der Regel nicht, um die gesamten Investitionen zu decken. Die Fördergelder sind aber ein guter Beitrag, um die laufenden Ausgaben zu Beginn zu tragen«, erklärt Stillfried.

Erstelle einen Businessplan für deine Praxis

Ein Businessplan ist wie ein Fahrplan für Unternehmen: Du legst fest, was du genau machen willst und welche Mittel du dafür brauchst. Dabei hat ein Businessplan für deine Niederlassung mehrere Vorteile: »Man erhält einen gesammelten Blick auf das Vorhaben – und manchmal hätte das die Bank im Zweifel ganz gerne. Außerdem kann man nach ein paar Jahren gucken, wo man steht. Bin ich dahingekommen, wo ich wollte? Muss ich irgendwo gegensteuern?« Wichtige Aspekte, die dein Businessplan enthalten sollte, sind folgende:

  • Leistungsspektrum: Was ist der Fokus deiner Praxis? Welche Behandlungen willst du anbieten?
  • Markt und Wettbewerb: Gibt es Praxen mit identischen Leistungen in der Nähe? Wie viele Einwohner:innen gibt es in deiner Region?
  • Marketing: Wie machst du auf deine Praxis aufmerksam?
  • Wissensmanagement: Wie bleibst du als Praxis am Puls der Zeit?
  • Geschäftsmodell: Was sind die Abläufe in deiner Praxis, welche Rechtsform soll sie besitzen?
  • Verwaltung: Was sind die wichtigsten Strukturen in deiner Praxis?
  • Chancen und Risiken: Hier wirfst du einen Blick darauf, welche Potenziale deine Praxis im Gegensatz zur Konkurrenz besitzt – und welche Herausforderungen du besser im Blick behalten solltest.
  • Fünf-Jahres-Planung: Hier fasst du unter anderem zusammen, welche Investitionen notwendig sind, wieviel Kapital du benötigst und auch, mit welchen Kosten du zu rechnen hast.

Eine genaue Beschreibung, was ein Businessplan für Niederlassungen enthalten sollte, findest du auf der Website des Ärzteblatts.


2. Diese laufenden Kosten musst du im Blick behalten

Bei den Anfangsinvestitionen für deine Praxis wird es nicht bleiben. Du musst auch die laufenden Kosten deines Praxisbetriebs beachten. »Die größte Kostenposition ist in der Regel das Personal, also Gehälter, Sozialleistungen und eventuelle Nebenleistungen. Die zweitgrößte Position sind die Raumkosten, also zum Beispiel Miete sowie Betriebs-, Verbrauchs- und Instandhaltungskosten«, erklärt Michael Stillfried.

Die Größe dieser Posten orientiert sich an deinen Bedürfnissen: Willst du dich auf deine Patient:innen konzentrieren und dementsprechend Mitarbeiter:innen für verwalterische Tätigkeiten einstellen, kostet dich das mehr, als wenn diese Aufgaben auf deinem Schreibtisch landen oder du digitale Lösungen dafür nutzt. Weitere Kosten, die du auf dem Schirm haben solltest, sind Geräte- und Materialkosten oder auch Kosten für dein Praxismarketing. »Ist diese Übersicht einmal geschaffen, muss ich mir diese Kosten immer wieder angucken, am besten einmal im Quartal. Verlaufen Kosten, so wie ich sie geplant habe? Gebe ich mehr aus, als ich verdiene? Sind die Kosten gleich wie im Vorjahr oder gibt es eine Veränderung, die ich nachvollziehen kann?«

Hole dir Expert:innen an deine Seite

Die laufenden Kosten genau im Blick zu behalten und einschätzen zu können, kann manchmal eine Herausforderung sein. Du stehst jedoch nicht allein da. »Meine Empfehlung ist dabei immer, sich einen kompetenten Menschen zur Seite zu holen. Das ist zum einen der Steuerberater oder auch spezialisierte Berater der Kassenärztliche Vereinigung.« Auf diese Stellen kannst du dann auch zugehen, wenn dir etwas nicht stimmig bei deiner Bilanz erscheint oder du Rückfragen hast. »Aber wenn man sich da einmal eingespielt hat, ist es im Prinzip immer derselbe Prozess.«

Klammere die Anfangsinvestitionen aus deinen laufenden Ausgaben aus

Die Anfangsinvestitionen finden sich nicht in den laufenden Betriebsausgaben wieder. »Diese Kosten werden buchhalterisch anders dargestellt, nämlich als Abschreibungen«, so Stillfried. »Das Finanzamt gestattet, dass ich Investitionen, die ich für die Praxis tätige, als Betriebsausgaben über einen gewissen Zeitraum als Kosten absetzen darf. Das verteilt sich dann über mehrere Jahre.« Auch Tilgungen für Kredite gehören nicht zu den laufenden Betriebsausgaben – sondern sind die Verwendungen des Gewinns deiner Praxis.

Habe deine Gewinne im Blick

Als niedergelassene:r Mediziner:in in der Einzel- oder Gemeinschaftspraxis ist der Gewinn der Praxis noch zu versteuerndes Einkommen. Du hast also zu einem großen Teil selbst in der Hand, wie groß dein Verdienst in der Praxis ausfällt. Bedenke jedoch: Von deinen Gewinnen musst du unter anderem Einkommensteuer entrichten, die Tilgung deiner Kredite finanzieren, Krankenversicherung zahlen und auch weitere Investitionen für deine Praxis tätigen.  


3. Stelle die Liquidität deiner Praxis sicher

Du hast eine Übersicht über deine Anfangsinvestition und deine laufenden Ausgaben – wunderbar. Was dir jetzt noch fehlt ist ein Puffer, der dir hilft, auch in schwächeren Zeiten einen kühlen Kopf zu bewahren. In der Regel ist das ein Liquiditätspuffer von rund sechs Monaten laufender Kosten. Bist du eher ein Sicherheitsmensch? Dann empfiehlt sich eine Liquiditätsplanung. Michael Stillfried: »So eine Liquiditätsplanung macht man am besten mit dem Steuerberater. So kannst du ziemlich genau errechnen, wieviel Spielraum man braucht. Und wenn man das fortlaufend abgleicht, merkt man frühzeitig, ob man noch genug Reserven hat oder nicht.«

Du siehst: Die betriebswirtschaftliche Planung deiner Praxis kann zwar eine Herausforderung sein – ist aber keine Zauberei. Vor allem, wenn du dir einen guten Überblick über deine Praxisfinanzen verschaffst und kompetente Hilfe an deiner Seite hast.

 

 

Über die Autor:innen

Das Redaktionsteam der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) ist die Dachorganisation aller 17 Kassenärztlichen Vereinigungen und vertritt die Interessen von Vertragsärzt:innen und Psychotherapeut:innen auf Bundesebene. Auf »Lass dich nieder!« gibt das Redaktionsteam Medizinstudierenden nützliche Tipps rund ums Studium und teilt Erfahrungen und Fakten rund um die ärztliche Niederlassung.

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