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Niederlassung auf dem Land

Angekommen: Als Paar in die eigene Praxis

Jona und Dr. Marcus Ober sind Allgemeinmediziner:innen aus Leidenschaft. Seit langem haben sie einen gemeinsamen Traum: Sie wollen etwas Eigenes machen. Jetzt haben die beiden zusammen eine Praxis im Allgäu gegründet. Im Interview mit »Lass dich nieder!« erzählen sie von ihrem Weg in die Niederlassung und die Herausforderungen im gemeinsamen Praxisalltag.

Porträt von Jona und Dr. Marcus Ober.
Jona und Dr. Marcus Ober haben sich ihren Traum von der Niederlassung erfüllt. ©privat

Lesedauer: 7 Minuten

Schon vor einigen Jahren hat »Lass dich nieder!« über Jona und Dr. Marcus Ober berichtet. Damals haben sie von einer gemeinsamen allgemeinmedizinischen Praxis und dem Leben auf dem Land geschwärmt. Jetzt haben die beiden es endlich geschafft und den Traum von der eigenen Praxis verwirklicht. Diese befindet sich aber nicht – wie ursprünglich geplant – an der Ostsee, sondern im Süden Deutschlands.

Wie ist es euch in den letzten Monaten und Jahren ergangen? Was wurde aus der Wunsch-Praxis bei Fehmarn?

Dr. Marcus Ober: In den letzten fünf Jahren haben wir in Eutin gelebt. Das ist eine Kleinstadt zwischen Kiel und Lübeck, in der Nähe der Ostsee. Dort haben wir auch unsere Weiterbildungen beendet. In einer Reha-Klinik und in unterschiedlichen Praxisformen. Von der Einzelpraxis bis zur Gemeinschaftspraxis und dem Medizinischen Versorgungszentrum haben wir alles gesehen.

Jona Ober: Ich habe letztes Jahr Anfang März meinen Facharzt gemacht. Das war der Moment für uns, in dem wir uns gefragt haben: Wie geht es weiter? Ursprünglich wollten wir mit einem Kollegen zusammen eine Praxis an der Ostsee aufmachen. Eine Zeit lang haben wir an der Verwirklichung des Traums gearbeitet, aber es hat nicht gepasst.

Dr. Marcus Ober: Die Praxis hatte zwei Sitze. Auf dem einen Sitz hat der Kollege gearbeitet, auf dem anderen ich. Letztendlich hätten wir uns aber einen Sitz teilen müssen, das hätte sich für uns nicht gerechnet. Dann sind wir zunächst beide in ein MVZ an der Ostsee gegangen.

Jona Ober: Das war vom Arbeiten her in Ordnung, aber nicht das, was wir dauerhaft wollten. Vieles lief nach Schema F. Die Ärzte haben dort häufig gewechselt und deshalb waren auch die Patienten oft nicht zufrieden.

Wie ging es weiter?

Jona Ober: Wir haben lange im Norden nach einer Praxis gesucht, die wir beide hätten übernehmen können. Das war trotz Ärztemangels auf dem Land nicht einfach, denn es gab kaum freie Sitze. Etliche Bereiche waren gesperrt. Wir haben uns auch ein paar ältere Praxen angesehen, bei denen es jedoch einen hohen Investitionsstau gab.

Dr. Marcus Ober: Aber dann sind wir auf eine Praxis hier im Allgäu gestoßen. Wir kennen die Region und haben hier noch viele Freunde – es hat einfach gepasst. Die Praxis gehörte einem älteren Kollegen.  Vor vier Jahren – mit über 70 Jahren – hatte er sie aus seiner Gemeinschaftspraxis herausgelöst und komplett saniert.

Jona Ober: Die Praxis ist attraktiv und er hat ein junges Team von Medizinischen Fachangestellten. Das ist ein großer Vorteil. Wir haben uns gedacht: Wenn wir in die Selbstständigkeit gehen wollen, dann jetzt! Wir sind sehr happy, es war ein guter Schritt.

Wer hat euch bei der Übernahme der Praxis geholfen?

Jona Ober: Im Prinzip bietet jede Kassenärztliche Vereinigung in jedem Bundesland eine Niederlassungsberatung an. Die KV Baden-Württemberg war sehr bemüht und hat uns gut unterstützt. Eine finanzielle Förderung vom Land oder der KV konnte uns aber leider nicht gewährt werden, sodass wir die Investitionen für unsere Praxis vollumfänglich selbst getragen haben.

Dr. Marcus Ober: Man muss sich auf den freien Sitz bewerben. Die KV hat direkt von sich aus alle Beratungsstellen genannt und die Kontakte hergestellt, sodass man sofort Ansprechpartner hatte. Und die KV bietet auch ein Programm für neue Niedergelassene an: Man bekommt eine Abrechnungsberatung und – ganz wichtig – in den ersten zwei Jahren einen festen Ansprechpartner.

Jona Ober: Positiv ist, dass wir von den ärztlichen Kollegen sehr gut aufgenommen wurden. Wir haben eine Eröffnungsfeier veranstaltet und alle sind gekommen. Auch der Austausch untereinander funktioniert hervorragend. Viele sind älter als wir und froh, dass noch jemand Junges nachkommt und sich die Arbeit teilt.

Dr. Marcus Ober: Sehr viele Kollegen sind in Rente gegangen, auch in den umliegenden Dörfern. Da kommt jetzt ein ganzer Schwung an Patienten. Und die sind ebenfalls supernett und freuen sich, dass es hier weitergeht.

Jona Ober: Ich glaube, mir ist es vorher noch nie passiert, dass Patienten zu mir ins Sprechzimmer gekommen sind und gesagt haben: Schön, dass Sie da sind!

Wie ist es jetzt als Ehepaar rund um die Uhr in der gemeinsamen Praxis zusammenzuarbeiten?

Jona Ober: Marcus und ich haben uns ja bereits im Studium kennengelernt und seit dem Zeitpunkt wussten wir, dass wir beide Allgemeinmediziner werden wollten. Uns war auch klar, dass wir uns zusammen niederlassen wollten. Im Grunde haben wir auch auf fast jeder Stelle mehr oder weniger zusammengearbeitet: Zum Teil auf der gleichen Station oder zumindest im gleichen Krankenhaus oder der gleichen Praxis. Von daher war dies nie ein besonderes Thema zwischen uns, da wir uns in allen Belangen sehr gut ergänzen.

Wir werden aber tatsächlich sehr häufig gefragt, ob es nicht schwierig sei, sich 24 Stunden am Tag zu sehen und zusammen zu arbeiten. Das können wir aber ganz klar verneinen. Wir mussten allerdings lernen, die Arbeit auch mal Arbeit sein zu lassen. Aus unserer Sicht haben die Synergieeffekte immer deutlich überwogen und wir haben gerade überlegt, ob es für uns irgendwelche Nachteile mit sich bringt. Aber uns sind keine eingefallen.

Wir wissen beide um unsere Stärken und Schwächen und können uns dementsprechend gegenseitig gut ergänzen und unterstützen, ob bei der Mitarbeiterführung, den Patienten, dem Praxisalltag oder der Verwaltung.

Wie habt ihr euch in eurer Praxis organisiert?

Jona Ober: Wir haben eine Gemeinschaftspraxis mit zwei Sitzen und mit mittlerweile drei Medizinischen Fachangestellten. Wir sind Allgemeinmediziner mit Leib und Seele und haben beide unsere Schwerpunkte. Gemeinsam haben wir die Themen Ernährung und Sport. Ich biete zudem noch Akupunktur und Neuraltherapie an. Jetzt kommt noch die Betriebsmedizin hinzu. Dazu befinde ich mich gerade in einer neunmonatigen Weiterbildung.

Dr. Marcus Ober: Diese Weiterbildung bietet unser Praxis-Vorgänger an. Er macht jetzt mit Jona zusammen die Einführung in die Betriebe. Das ist klasse, weil wir so Kontakte zu sämtlichen Betrieben hier im Ort knüpfen können – und das wiederum bringt uns neue Patienten für die Praxis.

Jona Ober: Wir haben viele ältere Patienten. Wir mögen das, denn wir haben lange in der Geriatrie gearbeitet. Aber trotz des ländlichen Raumes kommen auch viele junge Familien.

Wie fühlt es sich an, wenn der eigene Traum Wirklichkeit wird?

Dr. Marcus Ober: Ich habe gestern noch gesagt, ich bin abends müder als zuvor, aber auch deutlich zufriedener.

Jona Ober: Wir wollten immer schon unser eigenes Ding machen. Und das ist im Angestelltenverhältnis nur eingeschränkt möglich. Es macht uns glücklicher, wenn wir das tun können, was wir selbst für richtig halten. Die Verwaltung ist schon sehr aufwendig, aber insgesamt sind wir deutlich zufriedener.

Gibt es etwas, was ihr euch für die Zukunft wünscht? Was ist euer nächstes Ziel?

Dr. Marcus Ober: Es gibt vieles, was wir in der Praxis noch etablieren wollen, zum Beispiel unseren Schwerpunkt noch weiter auf die Sportmedizin zu legen. Außerdem ist uns die Stimmung im Team wichtig. Wir müssen uns überlegen: Was bieten wir an? Was müssen wir tun, damit wir alle zufriedener sind? Teamzufriedenheit und Patientenzufriedenheit müssen immer zusammengedacht werden – eins bedingt das andere.

Dr. Marcus Ober: Wertschätzung ist heute ein großes Thema. Wir möchten unsere Mitarbeiter motivieren, sodass sie sich mit der Praxis identifizieren.

Jona Ober: Einmal in der Woche setzen wir uns zusammen und jeder kann sagen, was er oder sie gerade denkt und fühlt. Wenn irgendjemand einen Verbesserungsvorschlag hat, nehmen wir das ernst. Das macht ein gutes Team aus, wenn es möglich ist, eigene Ideen zu platzieren. 
 

 

Über die Autor:innen

Das Redaktionsteam der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) ist die Dachorganisation aller 17 Kassenärztlichen Vereinigungen und vertritt die Interessen von Vertragsärzt:innen und Psychotherapeut:innen auf Bundesebene. Auf »Lass dich nieder!« gibt das Redaktionsteam Medizinstudierenden nützliche Tipps rund ums Studium und teilt Erfahrungen und Fakten rund um die ärztliche Niederlassung.

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