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Ärzte ohne Grenzen: Dr. Volmer hilft Kindern in Not

»Das bedeutet Arzt sein«

Manchmal kommt der Anruf nachts und es muss ganz schnell gehen: Dr. Klaus Volmer war schon in etlichen Auslandseinsätzen für die Hilfsorganisation »Ärzte ohne Grenzen« im Einsatz. Der Kinderarzt erzählt, wie er Niederlassung und Engagement vereinbart und warum die Nothilfe für ihn so wichtig ist.

Dr. Klaus Volmer hört ein Kleinkind ab, das vor ihm auf einer Liege liegt. Die Mutter sitzt neben ihrem Kind auf der Liege.
Kinderarzt Dr. Klaus Volmer bei seinem Einsatz im Südsudan 2016. ©Rogier Jaarsma

Lesedauer: 6 Minuten

Schon im Medizinstudium war der Wunsch bei Dr. Klaus Volmer groß, das erworbene medizinische Wissen breit einzusetzen und dem guten Zweck zu dienen. Er betont: »Wir leben hier privilegiert, haben Zugang zu Wasser, Impfstoffen und einer sehr guten medizinischen Versorgung. Das ist nicht selbstverständlich und ich wollte schon immer etwas zurückgeben. Arzt zu sein heißt, überall arbeiten zu können.« Und dort zu helfen, wo die Not am größten ist. Dr. Volmer: »Das bedeutet Arzt sein für mich, deshalb habe ich diesen Beruf gewählt.« 

Praxisgemeinschaft mit Ehefrau Amy

Gemeinsam mit Ehefrau Amy Neumann-Volmer betreibt Klaus Volmer eine Praxis in Amtzell (Allgäu) – sie als Allgemeinärztin, er als Kinderarzt. Beide sind schon jahrelang mit den Ärzten ohne Grenzen verbunden, durch zahlreiche Einsätze auf der ganzen Welt und auch durch Vorstands- und Netzwerkarbeit. An seinen ersten Einsatz kann sich der Kinderarzt noch gut erinnern: 2003 ging es nach Äthiopien, wo eine massive Hungersnot herrschte. Dr. Volmer: »Wir haben drei Zelte mit je 150 schwerst unterernährten Kindern betrieben. Das sind unfassbare Eindrücke. Neben der Nothilfe, die wir leisten konnten, ist bei mir aber sofort der Spirit in den internationalen Teams hängen geblieben. Fremde Arbeitsweisen und Kulturen hautnah zu erleben, ist eine wunderbar bereichernde Erfahrung.«

Pragmatisch und nach Best Practice läuft die Arbeit vor Ort ab und häufig reichen schon ganz einfache Handgriffe, um zu helfen. »Es geht in den Camps nicht um Hightech-Medizin, sondern um die richtigen Maßnahmen zur richtigen Zeit. Wir können mit relativ wenig Ausstattung unglaublich vielen Menschen helfen«, berichtet der Pädiater.  

Krieg und Klimakrise schaffen Notsituationen

Bei den Einsätzen geht es neben Malaria und Unterernährung vor allem um die Folgen von Krieg und Vertreibung. Und auch die Klimakrise werde bald mehr und mehr zu einem ernsthaften Problem in vielen Regionen, ist sich Dr. Volmer sicher. Egal, ob das in Einsätzen im Südsudan, in Pakistan oder im Kongo war, der Leitspruch der Ärzte ohne Grenzen hat Dr. Volmer immer angetrieben: »Jeder Mensch in akuter Not hat ein Recht auf medizinische Versorgung. Dafür sind wir doch alle Ärzte geworden.« 

Große Dankbarkeit für die geleistete Nothilfe

Die Patientinnen und Patienten im Krisengebiet sind häufig ganz überwältigt von der Hilfe. »Einmal kam ein Großvater zu uns in die Zeltstadt mit seinem kleinen Enkel. Ein anderer war noch bei der Mutter geblieben, drei waren bereits tot. Er sagte nur: Bitte retten Sie ihn. Das haben wir dann auch geschafft. Er war so dankbar und wollte, dass wir das allen sagen, die das möglich machen. Die Menschen können sich oft gar nicht vorstellen, wie das alles bezahlt wird, wer das mit Spenden ermöglicht.«  

Praxis und Ehrenamt: Das sind zwei Welten

Wie kann der Kinderarzt die häufig auch anspruchsvollen Geschichten im Ausland vereinbaren mit der Arbeit in seiner Niederlassung? »Praxis und Auslandseinsatz sind zwei getrennte Welten. Das muss man trennen können, sonst muss man eines aufgeben«, so Dr. Volmer sicher. Auch die Ängste und Nöte in seiner Praxis in Amtzell sind echt und ernst zu nehmen: »Für junge Eltern hier ist schon ein harmloser Ausschlag eine schlimme Sache und so ist das auch von mir zu behandeln. Gerne auch mit ein bisschen Humor, aber immer empathisch. Das ist ganz wichtig.« 

Solidarität unter den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen

Wenn dann der Aufruf zu einem Einsatz für Ärzte ohne Grenzen kommt, ist Organisation angesagt. Da werden bekannte Kolleginnen und Kollegen gefragt, ob sie in der Praxis einspringen können. Oder die Niederlassungen im Umkreis angesprochen, die sonst die Ferienvertretung übernehmen. Dr. Volmer freut sich, dass die Solidarität untereinander groß ist: »Die Bereitschaft zu helfen ist wirklich da. Natürlich muss man sich organisieren, aber es hat bislang jedes Mal sehr gut geklappt.« 

Rückhalt in der Familie

Nicht nur für seine kleinen Patientinnen und Patienten muss zu Hause gesorgt sein, auch der Rückhalt innerhalb der Familie ist enorm wichtig. »Meist sind die Ärzte ohne Grenzen geduldet, weil sie unabhängig und neutral helfen. Aber vor einem Einsatz, zum Beispiel in Somalia, muss man sich genau überlegen, ob man das möchte. Gefahren lassen sich nie ganz vermeiden. Leider ist es momentan aber eher so, dass wir in bestimmte Gebiete, zum Beispiel in Syrien oder Myanmar, gar nicht mehr reinkommen, um Hilfe zu leisten.« 

Psychisch und physisch stark sein

Neben der mentalen Stärke ist auch die körperliche Fitness entscheidend, denn die Auslandseinsätze finden in der Regel unter klimatisch herausfordernden Bedingungen statt. Geschlafen wird wochen- oder monatelang oft in Zelten, die Arbeit dauert täglich meist viele Stunden. Dazu kommt die Trennung von der Familie und dem gewohnten Umfeld. »Der Zeitpunkt muss stimmen. Bevor ich zusage, muss ich schauen, ob ich ausgeruht und fit bin. Sonst bin ich vor Ort keine Hilfe«, sagt Dr. Volmer. 

Große Ehre für das Ehepaar Volmer

Für ihren Einsatz haben der Kinderarzt und seine Frau 2016 das Bundesverdienstkreuz erhalten. Dabei sieht sich der 65-Jährige eher als Gesicht einer ganzen Organisation: »Jede Anerkennung freut uns. Aber wir haben das Bundesverdienstkreuz als Vertreter unserer Kolleginnen und Kollegen angenommen, die weltweit im Einsatz sind.« 

Wann der nächste Einsatz kommt, weiß Dr. Volmer noch nicht. Gemeinsam mit seiner Frau Amy war er noch nicht für Ärzte ohne Grenzen an einem Ort tätig: »Wir sind seit 1976 zusammen und haben schon sehr viel gemeinsam erlebt, aber ob ein gemeinsamer Einsatz gut wäre, weiß ich nicht. Aber man soll niemals nie sagen. Wer weiß, was noch kommt?«

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