Neustart in Mahlow
Als die Zeit für die Familie immer knapper wurde und die Schichten im Krankenhaus immer später endeten, traf Alexandra von Kornatzky mit ihrem Mann Matthias die Entscheidung, sich selbstständig zu machen. »Ich wollte wieder mehr Flexibilität und familienfreundlichere Arbeitszeiten«, sagt die Allgemeinmedizinerin und Mutter von drei Kindern. »Als ich meinen Kindern immer seltener sagen konnte, wann ich am nächsten Tag zu Hause bin, war mir klar, dass ich etwas ändern muss.«
Wie es die Berlinerin aus dem Schichtdienst in der Notaufnahme zu ihrer eigenen Niederlassung schaffte? »Wir haben uns von der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB) beraten lassen und die Chance ergriffen«, sagt sie. Denn die Brandenburgische Gemeinde Blankenfelde-Mahlow suchte nach Ärzten und Alexandra von Kornatzky hatte erst kurz vorher ihre Facharztprüfung für Allgemeinmedizin bestanden. Nach einigen Beratungsgesprächen, vorbereitenden Workshops bei der KVBB und der Genehmigung des Zulassungsausschusses für ihre Niederlassung in Mahlow ging alles ganz schnell. Innerhalb eines Monats richtete sie die 110 Quadratmeter große Praxis gemeinsam mit Matthias von Kornatzky ein, stellte eine Arzthelferin und eine Medizinische Fachangestellte ein – und eröffnete die Praxis an der Luisenstraße im November 2014. Seitdem hat sich viel verändert.
»Ohne meinen Mann hätte ich das nicht geschafft«
»Ich fahre jetzt fröhlich winkend raus aus Berlin und gegen den Strom«, sagt Alexandra von Kornatzky. Denn sie wohnt mit ihrem Mann und ihren vier, zehn und zwölf Jahre alten Kindern weiterhin im Berliner Stadtteil Marienfelde. Neben dem Arbeitsweg ist auch der Arbeitsalltag ein anderer. Die 41-Jährige sagt, dass sie jetzt viel selbstbestimmter arbeiten könne: »Das ist natürlich auch kein Bürojob, aber die Tage sind doch wesentlich besser planbar als vorher.« Allerdings betont sie auch: »Ohne meinen Mann hätte ich all das nicht geschafft.« Als die Entscheidung zur Niederlassung reifte, gab Matthias von Kornatzky seinen Job in der IT-Branche auf, um den Familienalltag zu organisieren und in der Praxis zu helfen – wo er die Technik instand hält, E-Mails beantwortet und sich mit Steuerfragen beschäftigt. »Ich helfe, wo Not am Mann ist, denn zu tun gibt es genug«, sagt der 45-Jährige.
Seit der Praxiseröffnung haben sich die Patientenzahlen stetig erhöht. Im vierten Quartal 2016 behandelte Alexandra von Kornatzky 1.050 Patienten – so viele, dass sie zur Unterstützung eine Arzthelferin und eine Ärztin (über das Initiativprogramm Allgemeinmedizin IPAM) einstellte. Zudem sorgte vor allem die Bürokratie für längere Arbeitszeiten gesorgt. »Was nicht dokumentiert ist, ist nicht passiert«, sagt Alexandra von Kornatzky. Kuranträge stellen, Krankenkassenanfragen beantworten, Behandlungen dokumentieren: Mehrere Stunden verbringt sie täglich am Schreibtisch.
»Hier ist es anders als in der Großstadt«
Doch bis zu zwei Drittel ihrer Zeit bleiben ihr auch weiterhin für ihre Patienten. »Und das ist sehr wichtig für mich, schließlich war das einer der Gründe für meine Entscheidung: Ich wollte wieder ein persönlicheres Verhältnis zu meinen Patienten – und dafür braucht man eben Zeit«, sagt sie und fügt hinzu: »Das ist hier schon anders als in der Großstadt, wo die Menschen durch Zufall vorbeikommen, weil die Praxis gerade auf dem Weg liegt.« Als niedergelassene Ärztin kenne sie den Hintergrund vieler Patienten und könne so bestimmte Situationen einfach besser einschätzen.
Bei der Organisation und Gestaltung ihrer Praxis haben ihr vor allem ihre Erfahrungen als Angestellte geholfen. So arbeitete sie unter anderem in einer Substitutionspraxis, einer Krankenhausrettungsstelle und einer orthopädischen Rehaklinik. »Aus all dem habe ich versucht, das Beste für meine Praxis mitzunehmen«, sagt von Kornatzky. Ein Beispiel: Sie hat sich für eine Terminpraxis entschieden und behandelt ihre Patienten normalerweise nur nach vorheriger Anmeldung. »Wartezeiten von vier oder fünf Stunden oder ein Windpockenpatient, der neben einer Schwangeren sitzt – das muss nicht sein«, sagt sie. »Ich bin ja hier, um Patienten zu helfen.«