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Aus der Anstellung in die Praxis

Zwischen Medizin und Management

Als Arzt oder Ärztin hast du alle Hände voll zu tun – und dann noch eine eigene Praxis dazu stemmen? Dr. Michal Olszewski hat sich nach sechs Jahren Anstellung für die eigene Praxis entschieden. Wie meistert er den Balanceakt zwischen Arzt und Geschäftsführer?

Dr. Michal Olszewski steht in seiner Praxis.
Dr. Michal Olszewski hat sich nach sechs Jahren Anstellung für seine eigene Praxis entschieden. ©privat

Lesedauer: 5 Minuten

Michal, vor einem Jahr warst du noch angestellt – nun bist du Inhaber deiner eigenen Praxis. Was war für dich der zündende Funke, dich niederzulassen?

Ich glaube, diesen einen Moment gab’s bei mir nicht. Es war eher ein Gedanke, der reifen musste. Ich hatte während meiner Anstellung immer wieder Situationen, in denen ich mir dachte: »Ach, das hätte ich vielleicht anders gemacht. Das finde ich jetzt nicht so gut.« Selbst wenn das Angestelltenverhältnis gut funktioniert, kann einem der Chef oder die Chefin natürlich Leitlinien diktieren. Ich habe für mich gemerkt, dass ich selbstständig arbeiten wollte – seien es die Arbeits- oder Urlaubszeiten, Arbeitsabläufe oder die Patientenversorgung. Und dann hatte ich das Glück, dass ich tolle Praxisinhaber getroffen habe, die jemanden zur Übernahme ihrer Praxis in Göttingen gesucht haben.  

Wie war denn dein Weg zur eigenen Praxis?

Zuerst habe ich mich klar nach links und rechts umgesehen: Wo gibt es freie Sitze? Wer sucht jemanden? Zwei, drei Praxen habe ich mir angesehen, wo es aber nicht gepasst hat. Dann habe ich inkognito auf der Website der KV Niedersachsen inseriert – und dann flatterte eine E-Mail in mein Postfach, womit alles anfing. Ein unglaublich nettes Ärzteehepaar suchte einen Nachfolger für ihre Praxis. Dann bin ich einfach in die Vollen gegangen, habe mir gesagt: »Ich riskier’s.« Und habe mit meinen Vorgängern ein schönes Modell aufgezogen.

Wie genau sah das aus?

Im Oktober 2020 ist die Ehefrau in Rente gegangen – ich habe nach einer offiziellen Ausschreibung ihren KV-Sitz übernommen und mit dem Ehemann eine Gemeinschaftspraxis gegründet. Mein Kollege, Dr. Birger Kolb,  hat mich dann neun Monate quasi als Mentor begleitet, mir u.a. die Buchhaltung und häufige Prozesse erklärt. Mittlerweile hat er die Leitung der Praxis komplett mir übertragen und bleibt noch ein paar Monate bei mir als angestellter Arzt, bis er sich ganz in seinen Ruhestand verabschiedet – es ist also ein sanfter Übergang. 

Holst du dir dann noch Verstärkung ins Team?

Dadurch, dass ich eine Praxis mit zwei KV-Sitzen übernahm, habe ich tatsächlich schon eine angestellte Ärztin im Team. Im September kommt noch eine Weiterbildungsassistentin und ab Oktober habe ich eine neue medizinische Fachangestellte, die mich in Themen wie Qualitätsmanagement und Hygiene unterstützen soll. 

Was war das Erste, was du in deiner eigenen Praxis anders gemacht hast als in der Anstellung?

Ich habe einen Umzug organisiert. Wir sind mit der Praxis in ganz neue Räume gezogen und haben eine alte Hausarztpraxis komplett umgebaut. 

Warum das?

Ich habe mir überlegt, wie und wo ich die nächsten 20 Jahre arbeiten möchte. Es sollte eine behindertengerechte Praxis sein, optimierte Arbeitsabläufe wie zum Beispiel eine Durchreiche für Urinproben, damit Patienten nicht mit dem Becher durch die ganze Praxis laufen müssen. Außerdem habe ich ein neues EKG angeschafft, Computer und Server aktualisiert. 

Hattest du auch Sorgen beim Niederlassungsprozess?

Klar, der Prozess ist immer mit Ängsten und Unsicherheiten verbunden. Ich bin nicht der geborene BWLer. Ich habe Medizin studiert. Und Hausarzt sein ist das, was ich mag und was mir liegt. Ich liebe es, mal eine Wunde zu versorgen, jemandem mit Kopfschmerzen zu helfen und dann wieder zu impfen. Diese Vielfalt macht mir unglaublich Spaß und erfüllt mich. Aber zur Praxisführung gehören ja noch viele andere Tätigkeiten. Man trägt Verantwortung für sich und sein Team, hat den Druck, keine Fehler zu begehen, medizinisch wie wirtschaftlich, um unter anderem nicht in Regresse zu kommen. Und dann kam zu der Zeit noch Corona ins Spiel.  

Wie ist es, plötzlich sowohl die Behandlung der Patientinnen und Patienten als auch das Führen der Praxis zu schultern? Wie wirst du beiden Rollen gerecht?

Im Vordergrund steht bei mir immer noch der Patient oder die Patientin – der Rest wird abends oder manchmal auch am Wochenende gemacht. Manchmal schimpft mein Mann auch mit mir und sagt: »Jetzt mach aber mal Schluss.« Aber ich habe das große Glück, dass ich mit der Praxis ein wunderbares Team übernommen habe. Sie unterstützen mich sehr und kennen die Abläufe gut. Und ich denke, dass, wenn erst mal Routine da ist, ich beide Aspekte gut stemmen kann. 

Und was wünscht du dir für deine Praxis, wenn du diese Routine erreicht hast?

Ich würde gerne irgendwann eine Praxis übergeben, die gut funktioniert hat – mit dem Gefühl, dass die Patienten zufrieden waren. Darauf arbeite ich zu.

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