Förderung: Ein Dorf kämpft für eine Praxis
In vielen ländlichen Regionen mangelt es an Ärztinnen und Ärzten – das hast du bestimmt auf dem Schirm. Aber wusstest du auch, dass die Gemeinden richtig aktiv werden, um Medizinerinnen und Medizinern gute Startmöglichkeiten auf dem Land zu bieten? Wir haben uns umgesehen und sind dabei auf eine kleine Gemeinde im Erzgebirge gestoßen.
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Schon beim Amtsantritt 2014 war Bürgermeister Volkmar Viehweg klar: Die hausärztliche Versorgung in seiner Gemeinde Stützengrün im Erzgebirge wird in den nächsten Jahren zum Problem. Von vier Ärztinnen und Ärzten im Dorf musste eine krankheitsbedingt aufgeben und zwei weitere Ärzte waren schon damals im Rentenalter. Wie also junge Medizinerinnen oder Mediziner in eine kleine Dorfgemeinde ins Erzgebirge locken?
MVZ oder Hausarztpraxis?
Viehweg wusste: »Wir müssen uns kümmern, den potenziellen Ärztinnen und Ärzten entgegenzukommen.« Zunächst gab es die Idee, ein medizinisches Versorgungszentrum zu gründen und in Kooperation mit umliegenden Kliniken zu betreiben, aber auch die konnten kein Personal stellen. Alleine war die Umsetzung zu kostspielig.
Signal für den Nachwuchs
2015 stand dann die ehemalige Sparkasse im Ortskern zum Verkauf und der Gemeinderat schlug zu. »Ich komme selbst aus dem Sparkassenbereich, habe diese Filiale mit eröffnet und auch geschlossen, so kommt manchmal alles zusammen«, erzählt Viehweg. Der Plan war klar: Mit einem Umbau der Sparkasse konnten moderne, barrierefreie Praxisräume errichtet werden. »Wir wollten ein Signal setzen und jungen Leuten den Schritt in die Niederlassung erleichtern.«
Gesagt, getan. Doch wo eine Ärztin oder einen Arzt finden? »Ich bin bei sämtlichen Kliniken im Erzgebirge und im Vogtland vorstellig geworden. Außerdem habe ich mit der KV, mit Ministern und Headhuntern gesprochen.« Was also tun? YouTube-Videos drehen? Noch tiefer in die Gemeindekasse greifen und Personal einkaufen?
Ehepaar Donath lässt sich nieder
Die Lösung kam über die Anfrage eines jungen Arztpaares. Familie Donath überlegte schon länger, in die Heimat von Anja Donath zurückzukehren. Lars Donath erinnert sich: »Wir waren beide in Dresden und Radebeul tätig und die Frage kam auf, ob wir in der Klinik bleiben oder den Schritt in die Selbstständigkeit wagen.« Gleichzeitig erfuhr das Ärztepaar, dass Stützengrün dringend die hausärztliche Versorgung sichern musste und der Vorgänger Dipl.-Med. Görler keinen Nachfolger finden konnte. »Mir hat vieles in der Klinik Spaß bereitet, aber neben den Bereitschaftsdiensten hat mich auch die zähe Administration zunehmend gestört. Der Schritt war nicht leicht, schließlich schultert man gleich mehrere Verantwortungen, kümmert sich plötzlich auch um Arbeitsverträge. Aber es hat sich gelohnt.«
Vor allem mit drei Kindern war die Selbstständigkeit ein guter Schritt, seine Frau Anja Donath wird nach Abschluss der internistischen Weiterbildung ebenfalls in der Praxis arbeiten. Donath: »Als Hausarzt ist man noch mal näher dran am Menschen, an der ganzen Familie. Das gefällt mir.« Der Sparkassenkauf kam also wie gerufen. Neben den Erwerbskosten hat die Gemeinde weitere 120.000 Euro für den Umbau investiert, wobei auch Fördermittel eingesetzt werden konnten.
Unterstützung durch KV-Seminare
Zu Beginn seiner Niederlassung holte sich Lars Donath Hilfe bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Sachsen, besuchte Seminare und unterhielt sich mit Kolleginnen und Kollegen. »Ich kann an alle jungen Medizinerinnen und Mediziner appellieren, einen Blick auf die Niederlassung zu werfen. Ich denke, gerade im ländlichen Bereich hat die Hausarztversorgung Zukunft. Es ist ein Schritt in eine wertvolle Unabhängigkeit.« Und die Patientinnen und Patienten danken es ohnehin. »Klar, am Anfang war ich der Neue, hatte einen anderen Dialekt. Aber ich konnte zwei erfahrene Schwestern aus der alten Praxis übernehmen. Und nach dem ersten Kennenlernen sind alle ganz zufrieden mit unserer modernen Praxis und dem jungen Arzt.«