Landmedizin: langweilig oder anspruchsvoll?
Abgeschnitten von der Welt, keine Selbstverwirklichung, ständige Erreichbarkeit für Patienten: Viele Vorurteile über die Landmedizin halten sich hartnäckig. Doch was steckt dahinter? Dr. Wolfgang Blank, gebürtiger Kölner, ehemaliger Dozent der TU München und langjähriger Inhaber einer Praxis in Kirchberg im Bayerischen Wald, erklärt, warum es sich lohnt, dem Land eine Chance zu geben.
Lesedauer: 3 Minuten
Dr. Blank, dem Land fehlt es häufig an Nachwuchsmedizinerinnen und -medizinern. Woran liegt das?
Ich denke, dass viele von ihnen ein falsches Bild von der Landmedizin haben. Es fehlen die positiven Rollenbilder, die zeigen, wie gut es sich hier leben lässt. Wir versauern hier nicht, sondern haben auch Ärztegruppen, Gesprächszirkel und genügend Raum für ein schönes Leben.
Woher kommen diese Vorurteile?
Die meisten Studierenden haben während ihres Studiums keinen Kontakt zum Land – das habe ich zumindest während meiner Lehrtätigkeit an der TU München so wahrgenommen. Sie tummeln sich in der Uniklinik, gehen auch für die Famulatur und das PJ in größere Städte, da fällt das Land hinten über. Deshalb
setze ich mich zusammen mit Kollegen dafür ein, den Studierenden ein realistisches Bild vom Land zu vermitteln.
Wie machen Sie das?
Wir haben zum Beispiel ein Projekt, »Gute Ärzte braucht das Land«, das junge Ärztinnen und Ärzte, die sich auf die Allgemeinmedizin fokussieren wollen, an Praxen im Bayerischen Wald vermittelt, damit sie dort Erfahrung als Hausarzt oder -ärztin erhalten und das Leben auf dem Land kennenlernen. Im Idealfall übernehmen sie dann auch die Praxis.
Wir haben aber auch die »Landarztmacher«, ein Projekt, das gezielt junge Studierende zu uns holt. Hier vermitteln wir sie an engagierte Hausärztinnen und -ärzte, die ihnen die Tätigkeit als Landarzt oder -ärztin mit allen Möglichkeiten zeigen. Nebenher können die Studierenden auch an verschiedenen Aktivitäten wie Wanderungen und Mountainbiking teilnehmen, um die Möglichkeiten auf dem Land kennenzulernen. Diese Aktivitäten stehen aber nicht im Vordergrund. So wollen wir ein positives Rollenmodell vom Arztleben auf dem Land schaffen – es ist wie ein Fenster, das geöffnet wird und den Studierenden ein realistisches Bild vom Landleben zeigt.
Und entscheiden sich die Studierenden danach für ein Leben auf dem Land?
Wer zu uns kommt, kann es sich grundsätzlich schon vorstellen, auf dem Land zu praktizieren. Aber die Studierenden sind noch viel zu weit von einer möglichen Niederlassung entfernt, um sich final zu entscheiden. Aber wenn sie einmal vor der Entscheidung stehen, sollen sie sich an die Zeit hier erinnern und wissen, wie es sich als Landarzt oder -ärztin praktizieren und leben lässt – und sollen eben keinen Klischees hinterherhinken.
Warum haben Sie sich denn als Stadtkind selbst dazu entschlossen, auf dem Land zu praktizieren?
Das war eher zufällig. Ich hatte mir während meines Studiums in Regensburg eigentlich immer eine Niederlassung im Speckgürtel einer größeren Stadt vorgestellt. Als ich dann von der freien Praxis hier in Kirchberg erfahren habe, bin ich hergefahren und habe mir die Praxis und den Ort angesehen – und mein Bauchgefühl war einfach gut. Bis jetzt habe ich es keine Sekunde bereut, hierhergekommen zu sein. Es liegt mir, ich fühle mich sozial verantwortlich für die Familien hier und es gefällt mir, den Beruf des Hausarztes mit all seinen Facetten im ländlichen Bereich umzusetzen.