»Digitalisierung entlastet«
Die digitale Transformation im Gesundheitswesen unterstützt Dr. Max Tischler gerne. Der Hautarzt sieht für seine eigene Praxis viele Vorteile. Welche, erzählt er im Gespräch mit »Lass dich nieder!«.
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Dr. Max Tischler, im Sommer 2023 eröffnen Sie Ihre eigene Dermatologie-Praxis. Sie sind aber schon online als Arzt tätig.
»Ja, seit meinem Facharzt berate ich das Portal OnlineDoctor und arbeite dort auch als Dermatologe. Das ist eine sogenannte asynchrone Behandlung, da ich nicht live Onlinesprechstunden anbiete, sondern die Patient:innen können Fotos und eine Anamnese hochladen. Ich schau mir das dann an und kann entscheiden, ob ich mich sofort melden muss, beispielsweise bei einer akuten Gürtelrose, oder auch ein paar Stunden Zeit sind.«
Was passiert, wenn eine dringende Behandlung notwendig ist?
»Ich habe zurzeit auch eine tolle Zusammenarbeit mit meinen ehemaligen Kollegen in Dortmund, die dann Rezepte ausstellen oder dringende Fälle aus der Umgebung vor Ort behandeln können.«
Ihre Affinität für digitale Lösungen fing schon im Studium an.
»Ich bin begeistert von digitalen Lösungen, die einfach umsetzbar und entlastend sind. Als Student in Gießen war ich Ansprechpartner für die internationalen Erasmus-Student:innen und hab mir damals eines der ersten iPhones zugelegt. Einfach weil die Flexibilität und Zeitersparnis enorm waren. Ich war immer erreichbar und musste nicht ins Uni-Büro, um dort am Computer Fragen zu beantworten. Die Mobilität hat mich schon damals begeistert. Funktionierende Digitalisierung – dafür setze ich mich ein. Auch auf Kongressen zeige ich in Form von Vorträgen, welche Dinge man in der Praxis nutzen kann. Einfach auch, um Klarheit reinzubringen, wo Vorurteile herrschen, aber noch keine eigenen Erfahrungen vorhanden sind.«
Die digitale Transformation im Gesundheitswesen ist also lange überfällig?
»Digitale Versorgung wird verknüpft mit der ambulanten Versorgung – das ist auch Nachhaltigkeit. Und das ist in den heutigen Zeiten ein wichtiges Thema. Das eRezept ist zum Beispiel eine Sache, auf die ich mich freue. Dafür muss natürlich die digitale Identität der Patient:innen funktionieren. Im Moment muss ja die Gesundheitskarte noch ins Gerät gesteckt werden.«
Hat die Pandemie den Umgang mit digitalen Anwendungen vereinfacht oder vorangetrieben?
»Auch vorher gab es schon Onlinebanking oder Onlinetickets etc. Aber viele Menschen haben jetzt die Möglichkeiten mehr genutzt, beispielsweise sich online einzuloggen mit QR-Codes. Wichtig: Es muss nutzerfreundlich sein. Das wurde jetzt durch die Pandemie nicht unbedingt überall gelöst.«
Setzte man hier zu lange auf veraltete analoge Methoden?
»Übertragungen gerade im sensiblen Gesundheitswesen müssen sicher sein, aber wenn ich jetzt mal an das Fax denke, da kann auch ein Zahlendreher passieren und der HIV-Befund geht an die falsche Stelle. Also dieser Weg ist auch nicht zu 100 Prozent vor Fehlern geschützt.
Ich finde auch, die Patient:innen sollten entscheiden. Zum Beispiel bei der ePA: Möchte ich das oder nicht? Und dann muss es die Möglichkeit geben, sich jederzeit anders zu entscheiden. Warum sollte man sich nicht via Face-ID in die ePA einloggen?«
Wie stehen Sie zu Onlinesprechstunden?
»Eine sehr gute Möglichkeit für Gespräche, Verlaufskontrollen oder für einen Erstkontakt, ohne dass ich Mitarbeiter:innen dafür brauche. Ich habe mittwochs und freitags nachmittags frei, kann aber trotzdem eine Videosprechstunde anbieten und zum Beispiel Neupatienten erst einmal kennenlernen. So kann ich auch die Terminvergabe besser planen: Kommt jemand mit Neurodermitis und braucht eine neue Creme, bedeutet dies einen 10-Minuten-Termin. Ein anderer Patient hat schon viel probiert und es hilft nichts, da muss ich mehr Zeit einplanen. Bei Bestandspatient:innen kann man zum Beispiel bei einem akuten Schub eine Creme verschreiben und ich muss den gar nicht persönlich sehen, wenn wir das online besprechen.«
Was ist mit Patient:innen, die weniger digital bewandert sind?
»Wir sind in einer Transformationsphase. Es gibt ja auch Menschen, die nicht lesen und schreiben können. Genau so sagen mir Patient:innen, dass sie kein Handy oder Internet haben. Und für diese Menschen muss es immer auch eine andere Lösung geben. Die Gruppe, die digitale Angebote am meisten nutzt, ist zwischen Mitte 20 bis Mitte 40. Aber es gibt auch 80-Jährige, die das mit dem Enkel oder dem Kind machen. Oder auch durchaus selbst.«
Neben Ihrer Tätigkeit als Arzt sind Sie auch im Hartmannbund und im Bündnis junger Ärzte aktiv. Wie bleibt die Zeit dafür?
»Angestellt war ich vor der Praxisgründung zu 75 Prozent, da hatte ich Zeit für politisches Engagement. Aber mit der Selbstständigkeit werden andere Themen relevant und ich muss mir überlegen, wo fahre ich hin, wofür habe ich Zeit. Aber auch hier hat die Pandemie tatsächlich etwas bewirkt, viele Vorträge können jetzt remote und ohne Präsenz vor Ort abgehalten werden. Ich möchte mich aber gerne in der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe oder auch bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung engagieren. Ich finde den Austausch und das Miteinander wichtig und das Vernetzen von Jung und Alt. So kann man für viele Themen die richtigen Lösungsansätze finden. Das ist schon der Weg, in dem ich mich sehe. Aber eher nicht in den ersten zwei Jahren der Praxisgründung.«