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Empathie macht glücklich

Kernkompetenz in der Medizin

HNO-Arzt Dr. Rainer Jund ist nicht nur Autor und Mediziner, sondern auch ein echter Verfechter für mehr Empathie. Dass ein empathisches Verhalten glücklich macht, davon ist er überzeugt.

Eine ältere Patientin liegt im Krankenbett, eine junge Ärztin sitzt neben ihr und lächelt sie an.
Eine empathische Behandlung macht Patient:innen und Ärzt:innen gleichermaßen glücklich. ©iStock/svetikd

Lesedauer: 4 Minuten

Dr. med. Rainer Jund, Sie sind Arzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und Autor. Wie kam es dazu?

»Ich habe neben der Medizin auch Wissenschaftskommunikation studiert. Das Schreiben war schon immer ein Teil meines Lebens. Ich nutze das auch, um Erfahrungen aus meinem Alltag als Arzt zu verarbeiten. Als ein Verlagsagent als Patient in meine Praxis kam und wir über meine Leidenschaft sprachen, führte eins schnell zum anderen. Er bekam meine Manuskripte und schnell war ein Verlag für meinen ersten Roman ›Tage in Weiß‹ gefunden.«

Empathie ist ein großes Thema in Ihrem Roman.

»Ohne Empathie kannst du weder ein guter Arzt noch Schriftsteller sein. Davon bin ich überzeugt. Empathisch zu sein, beeinflusst unsere Leistungsfähigkeit positiv und man kann das trainieren – wie einen Muskel.«

Wie geht das?

»Das lässt sich täglich üben, indem wir kommunizieren. Da ist es egal, ob mit Patient:innen, Freund:innen oder der Familie. Zuhören ist dabei ein ganz entscheidender Faktor. Ich sage immer gerne: Zuhören ist lieben. Und als Arzt oder Ärztin ist es entscheidend, meinen Patient:innen aufmerksam zuzuhören. Dann erfahre ich noch viel mehr als es die Laborwerte hergeben.«

Ist das nicht häufig auch ein Zeitproblem?

»Ganz klar. Die Ökonomisierung der Medizin tut uns allen nicht gut, weder den Ärzt:innen noch den Patient:innen. Denn es ist klar, sobald wir die Sachebene verlassen und uns dem Patienten oder der Patientin empathisch zuwenden, kostet das Zeit. Und der Zeitdruck wird immer stärker, das geht auf Kosten einer empathischen Behandlung.«

Wie lässt sich Empathie als Medizinstudierender lernen?

»Die meisten Studierenden sind zu Beginn des Studiums sehr empathisch. Häufig nimmt das während der Ausbildung dann ab. Ich denke, man kann sagen, dass das auch den Vorbildern geschuldet ist. Sind die Chefs in der Klinik eventuell zu oft keine guten Vorbilder? Sehr oft verfallen Studierende in eine Art Zynismus, gerade in der Klinik. Das ist ein Selbstschutz. Da wird dann vom Blinddarm geredet statt vom Patienten. Da muss man sich häufiger hinterfragen.«

Passiert das in der Niederlassung seltener?

»Auch hier sind wir nicht vor Zeitdruck geschützt, ganz klar. Aber man ist selbst verantwortlich, für seine Praxis, für das ganze Team. Das ist doch eine gute Schule, denn klar ist, ist das Team glücklich, dann bist du es als Chef oder Chefin auch. Und das geht ohne Empathie nicht.«

Gibt es auch ein Zuviel an Empathie?

»Zunächst einmal finde ich, ist Empathie die größte Tugend des Menschen und keine Schwäche. Das ist eine Kernkompetenz, die uns hilft, Entscheidungen zu treffen. Gerade die Entscheidungen, die aus dem Bauch herauskommen. Das ist als Arzt oder Ärztin auch wichtig. Natürlich muss man sagen, in der Notaufnahme steht nicht immer die Empathie an erster Stelle. Kommt ein Patient mit einem Messer im Bauch in die Klinik, dann ist erst einmal die Versorgung angesagt. Aber auch in der Notaufnahme kann man durch geschickte Kommunikation und Zuhören viele auch für die Behandlung wertvolle Informationen sammeln. Ob bei den Patient:innen oder den Angehörigen. Das steigert die Leistung und befriedigt dadurch auch.«

Ihr Tipp für alle Nachwuchsmediziner:innen ist also: Vertraut eurem Bauchgefühl, bleibt empathisch?

»Absolut. Empathie ist ein Resonanzphänomen: Ich bekomme etwas zurück, wenn ich etwas gebe.«

 

 

Über die Autor:innen

Das Redaktionsteam der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) ist die Dachorganisation aller 17 Kassenärztlichen Vereinigungen und vertritt die Interessen von Vertragsärzt:innen und Psychotherapeut:innen auf Bundesebene. Auf »Lass dich nieder!« gibt das Redaktionsteam Medizinstudierenden nützliche Tipps rund ums Studium und teilt Erfahrungen und Fakten rund um die ärztliche Niederlassung.

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