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Studieren im Ausland

Warum nicht mal Rumänien?

Andere Länder, andere Lehre? Felix Gillessen studiert im 6. Semester an der George Emil Palade University im rumänischen Târgu Mureș. Der Krefelder erzählt, wie sich das Medizinstudium im Ausland von dem in Deutschland unterscheidet.

Ein Mann sitzt in einem Zug und blickt auf die vorbeiziehende Landschaft.
Einige Medizinstudierende entscheiden sich für ein Studium in fernen Ländern. ©istock/ Franz12

Lesedauer: 5 Minuten
 

Felix, warum hast du dich entschieden, Medizin in Rumänien zu studieren?

Ich hatte eigentlich nie vorgehabt, im Ausland zu studieren. Mit einem Abi-Schnitt von 1,5 habe ich jedoch knapp meine Zulassung zum Medizinstudium in Deutschland verpasst. Das war für mich ein richtiger Schock – die Arbeit als Arzt war immer ein Traum von mir. Ich habe dann übergangsweise eine Pflegeausbildung begonnen, in der ich aber sehr unglücklich war. Als ich dann von einem Freund erfahren habe, dass er in Rumänien studiert und dort zufrieden ist, habe ich mir gedacht: Warum machst du das nicht auch?

 

Was unterscheidet denn das Medizinstudium in Rumänien von dem in Deutschland?

Einer der größten Unterschiede ist, dass mein Studium komplett auf Englisch ist. Auch der Aufbau unterscheidet sich etwas: Wir haben kein richtiges Physikum. Den Stoff behandeln wir natürlich trotzdem, aber es reicht, in den ersten zwei Jahren die Fächer zu bestehen. Etwas mehr Unterschiede gibt es in der Ausstattung. Die ist in deutschen Unis tatsächlich besser. Es gibt zum Beispiel mehr medizinische Geräte, an denen sich Studierende in Seminaren üben können.

Gibt es auch Unterschiede in der Lehre?

Wir lernen das, was deutsche Studierende auch lernen. Manche Schwerpunkte sind jedoch anders gesetzt. Eine Freundin von mir, die in Köln studiert, hatte zum Beispiel nur zwei Semester lang Anatomie. In Rumänien sind es drei. Im Endeffekt erhalten wir aber trotzdem die gleichen Grundlagen in den gleichen Fächern. Erst in der Klinik gibt es größere Abweichungen.

Inwieweit?

In Rumänien gibt es kein PJ mehr. Stattdessen nimmt man die praktischen Anteile schon mit in die Klinik. Der Jahrgang wird dafür in Kleingruppen aufgeteilt und macht Blockpraktika: So haben wir erst Stationsdienst und danach werden die Fächer des jeweiligen Fachbereichs gelehrt.

Wie sieht es finanziell aus? Kostet dich das Studium mehr?

In Rumänien zahlt man für englischsprachige Studiengänge rund 5.000 Euro im Jahr. Ich finde, das geht. Zumindest ist es weniger, als ein Freund von mir für seine Physiotherapeutenausbildung zahlt.

Denkst du, dass das Auslandsstudium generell eine Bereicherung ist?

Auf jeden Fall. Ich habe Kommilitonen aus der ganzen Welt: Kanada, Australien, Italien oder auch Finnland. Das mag ich sehr, denn so werde ich gleichzeitig besser in Englisch. Außerdem finde ich die Erfahrung, in einem anderen Land zu leben, eine neue Kultur kennenzulernen und seine gewohnte Umgebung zu verlassen, generell sehr bereichernd. Die Chance hat man nicht so häufig im Leben.

Hattest du im Rahmen der Coronakrise mit Problemen zu kämpfen?

Ja, die europäischen Auswirkungen des Coronavirus haben wir quasi hautnah erlebt. Natürlich hat man Anfang März schon viele Nachrichten über das Coronavirus per Tagesschau in Rumänien mitbekommen und durch italienische Kommilitonen hatte man auch mehr Einblicke nach Italien. Unsere Uni hat dann zunächst für eine Woche geschlossen, um sich für Corona ein Konzept zu überlegen. Viele sind aber nach Hause geflogen, da schon gemunkelt wurde, dass die Schließung länger dauern würde. Die italienischen Studierenden mussten schon damals in Rumänien bleiben, weil sie nicht mehr einreisen durften. Wir deutschen Studierenden sind nur über Umwege mit dem Flixbus zurück nach Deutschland gekommen.

Und welche Auswirkungen hat die Krise auf die Lehre?

Unsere Uni hat ein Online-Modul eingeführt, wodurch wir unsere Vorlesungen und »praktischen Veranstaltungen« weiter besuchen können. Die großen Endklausuren sollen, wenn möglich, wieder in Rumänien geschrieben werden. Momentan haben wir nur kleinere mündliche Prüfungen per Videochat.

Wäre es für dich eine Option, in Rumänien zu bleiben?

Nein, ich wollte immer in Deutschland praktizieren. Ich hatte zwar kurz überlegt, ob ich vielleicht ins englischsprachige Ausland gehe. Ich möchte mich aber doch in Deutschland niederlassen. Sechs Jahre im Ausland leben ist für mich im Endeffekt doch ganz schön lange.

Denkst du, dass dir dein Auslandsstudium erschweren wird, dich in Deutschland niederzulassen?

Die Anerkennung vom Landesprüfungsamt war bis jetzt kein Problem. Ich konnte mir zum Beispiel ohne Probleme meine Fächer als Physikum und meine Pflegeausbildung als Pflegepraktikum anerkennen lassen. Ob es in Sachen Niederlassung spezielle Hürden gibt, kann ich jetzt noch nicht absehen. Da es den Studiengang an meiner Uni auch erst seit 2009 gibt, kann ich mir da auch noch nicht so viele Erfahrungsberichte holen. Von vergleichbaren Studiengängen in Ungarn weiß ich aber, dass, wenn man einmal im Job drin ist, es nicht so viele Unterschiede gibt.

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