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Landarztpraxis

»Jeder kann das schaffen«

Raus aus der Klinik, rein in die Niederlassung: Markus Paetzold ist diesen Weg gegangen. Er hat sich mit einer Hausarztpraxis im brandenburgischen Sperenberg am Mellensee niedergelassen. Hier erzählt er, warum das letztlich nicht komplizierter war als ein Hausbau – und welche Vorteile eine Praxisübernahme hat.

Herr Paetzold, wie kam es eigentlich zu Ihrer Entscheidung, sich niederzulassen?
Ich habe zuletzt in einer psychosomatischen Fachklinik als Oberarzt gearbeitet. Am Ende war mir dort einfach alles zu viel: Ich habe immer mehr Verwaltungskram gemacht, an Sitzungen und fachfremden Meetings teilgenommen. Das hatte nichts mehr mit der eigentlichen Arbeit am Patienten zu tun. 

Sie hatten also viel Stress.
Ja, so viel, dass ich irgendwann Herzrhythmusstörungen bekommen habe. Die begleiteten mich erst bei der Arbeit, später auch am Wochenende. Irgendwann habe ich mich gefragt, wie es weitergehen soll. Da traf ich den Oberarzt, dessen Stelle ich ein paar Jahre zuvor übernommen hatte, und der nun in der Niederlassung arbeitete. Ich war baff: Der war zufrieden, locker und entspannt. Da reifte der Entschluss, mich selbst niederzulassen.

Wie war der Weg in die Niederlassung?
Zugegeben, die Vorbereitungsphase ist stressig. Wir haben zuhause einen großen Esstisch. Darauf hatten wir alle nötigen Unterlagen verteilt. Im Grunde war das eine riesengroße To-Do-Liste mit Kauf- und Versicherungsunterlagen, Unterlagen der KV, der Bank und so weiter. Wir haben das einfach der Reihe nach abgearbeitet. Und immer, wenn ein Stapel abgearbeitet war, ging es mir besser.

Wie lange hat es bei Ihnen gedauert – vom Plan, sich niederzulassen bis zur eigenen Praxis?
Im Allgemeinen, heißt es, dauert das etwa ein Jahr. Ich habe mich im Februar oder März 2011 zum ersten Mal an meine KV gewandt. Von da an waren es noch fünf Monate bis zur Eröffnung – quasi ein Durchmarsch. 

Wie genau lief das ab?
Bei der KV hat man mir gleich zwei Praxen genannt, die zur Übernahme frei waren. Schon bei der ersten dachte ich: „Ja, daraus kann man etwas machen”. Dann bin ich nochmal mit meiner Frau hingefahren – und sie war der gleichen Meinung. So schnell ging das. Ganz ehrlich, Praxisübernahme ist toll! Man setzt sich im Grunde ins gemachte Nest. Die Strukturen, das Personal, der Patientenstamm, die Räumlichkeiten, die Einrichtung sind da – man kann sofort loslegen.

Mussten Sie sich betriebswirtschaftliche Kenntnisse aneignen, um die Praxis zu übernehmen?
Nein, das kann jeder schaffen. Man muss einfach Struktur in die Sache bringen. Wissen Sie, wir haben vor zehn Jahren ein Haus gebaut. Da kann dermaßen viel schiefgehen – wenn Sie das hinter sich gebracht haben, können Sie überall eine Praxis aufmachen!

Von wem haben Sie sich beraten lassen?
Ich hatte mehrere Termine bei der KV, wo ich mich zur Praxisübernahme und zu Fragen der Abrechnung beraten lassen habe. Zudem habe ich mit zwei Kollegen gesprochen, die mir gute Tipps geben konnten. Man sollte jede Chance nutzen und sich möglichst umfassend informieren.

Welche Ratschläge würden Sie selbst an Kollegen weitergeben, die sich niederlassen möchten?
Ganz generell: aufs Bauchgefühl hören. Konkret würde ich sagen: In meinem Fall war es gut, dass es sich um eine Praxisübernahme handelte. Ich konnte einen Großteil aus Eigenkapital finanzieren. Zwei Drittel des Geldes hatte ich bereits, das andere Drittel habe ich bei meinem Vorgänger in Monatsraten abbezahlt. Ich war also immer liquide und kann in den nächsten Jahren aus den laufenden Einnahmen Modernisierungsmaßnahmen finanzieren. Zuletzt halte ich es für außerordentlich wichtig, dass man gutes Praxispersonal hat. 

Warum?
Das Wissen der Angestellten um den Patienten ist eine große Hilfe. Zudem ist es gut für die Patienten – sie müssen sich zwar an einen neuen Arzt gewöhnen, kennen aber die Mitarbeiterinnen. Die Kolleginnen in meinem Team sind so fit, dass ich viele bürokratische Aufgaben delegieren kann.

Haben Sie jetzt mehr Zeit für Ihre Patienten? 
Auf jeden Fall. Natürlich gibt es Tage, an denen sehr viel los ist, wenn ich Vertretung habe zum Beispiel. Aber an anderen kann ich mir 20 Minuten oder länger Zeit für einen Patienten nehmen. Das ist schön. Ich bin entspannt. Die Herzrhythmusstörungen sind weg.

Nehmen Sie Arbeit mit nach Hause?
Ich gehöre nicht mehr zu der Generation von Ärzten, die 24 Stunden lang im Dienst sind. Ich kenne aus dem Krankenhaus die 32-Stunden-Dienste, die man völlig übermüdet verlässt. Inzwischen bin ich dazu übergangen, dass ich mehr leben möchte als arbeiten – und das Leben kann sehr schön sein. Meine Kinder sind 3, 7 und 9 Jahre alt, die sehe ich jetzt täglich aufwachsen, gehe mit ihnen auch mal nachmittags zum Fußball. Jawohl, das geht!

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