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KI in der Niederlassung

Smarter Helfer im Praxisalltag

So könnte die nahe Zukunft aussehen: Du stehst in deiner Praxis und schaust auf den Bildschirm. Eine Künstliche Intelligenz (KI) hat gerade das Röntgenbild des Patienten bzw. der Patientin analysiert und schlägt eine Diagnose vor. Doch was genau kann KI bereits in der Arztpraxis leisten und welche Chancen – aber auch Risiken – birgt sie?

Eine junge Hausärztin sitzt vor einem großen Bildschirm und prüft die Daten, die die Künstliche Intelligenz zur Verfügung gestellt hat.
Eine junge Hausärztin sitzt vor einem großen Bildschirm und prüft die Daten, die die Künstliche Intelligenz zur Verfügung gestellt hat.

Lesedauer: 5 Minuten

In vielen Praxen ist Künstliche Intelligenz heute schon ein Helfer im Hintergrund. Besonders bei administrativen Aufgaben kann sie das Praxisteam spürbar entlasten: Intelligente Spracherkennungssysteme wandeln beispielsweise Arztbriefe und Befunde in Sekunden in Text um und Chatbots übernehmen die erste Kontaktaufnahme mit Patient:innen, klären Routinefragen und vergeben Termine. Das spart wertvolle Zeit, die du in die Behandlung investieren kannst. Auch in der Diagnostik zeigt KI bereits ihr Potenzial: Bilderkennungsalgorithmen unterstützen zum Beispiel bei der Analyse von Röntgen- oder MRT-Aufnahmen und weisen auf auffällige Bereiche hin. Die KI fungiert dabei als zweite Meinung, die finale Entscheidung liegt aber nach wie vor bei den Mediziner:innen.

KI-Forschung und aktueller Stand

KI kann also bereits heute an vielen Stellen unterstützen. Was aber darf das medizinische Personal in Zukunft erwarten? Der renommierte KI-Experte und Forscher sowie Unternehmer Richard Socher geht davon aus, dass KI die Naturwissenschaft, Forschung und Medizin revolutionieren kann, zum Beispiel in der Krebstherapie.
Aktuell konzentrieren sich Studien beispielsweise auf die Verbesserung der Diagnostik und Behandlungsplanung.

  • So entwickeln Wissenschaftler:innen KI-Systeme, die komplexe medizinische Daten analysieren und Muster erkennen können. Ein Beispiel dafür ist die Arbeit an einem tragbaren Diagnosegerät, das mithilfe von Künstlicher Intelligenz Patient:innen überwacht und Blutgerinnsel frühzeitig erkennt.
  • An der Technischen Universität München forschen Expert:innen am Lehrstuhl für Artificial Intelligence in Medicine and HealthCare unter anderem an der Anwendung von biomedizinischer Bildgebung und an KI-Methoden. Ihr Ziel: Sie wollen die Gehirnentwicklung besser verstehen.
  • Auch in der personalisierten Medizin – zum Beispiel in der Krebstherapie – spielt KI eine zunehmend wichtige Rolle. Forscher:innen arbeiten an Systemen, die individuelle Patient:innendaten analysieren, um maßgeschneiderte Behandlungspläne zu erstellen.

Der aktuelle Stand der Forschung zeigt, dass KI das Potenzial hat, die medizinische Versorgung grundlegend zu verbessern – von der Früherkennung von Krankheiten bis hin zur Optimierung von Therapien. 

KI als medizinisches Superhirn?

Klar ist schon jetzt: KI wird zukünftig in der Medizin – und auch in der eigenen Praxis – eine immer größere Rolle spielen und Ärzt:innen bei ihren Entscheidungen unterstützen. Ein KI-System wird voraussichtlich in wenigen Augenblicken die komplette Krankenakte, aktuelle Laborwerte und neueste Forschungsergebnisse analysieren und dir zur Verfügung stellen können. Dazu würde sie maßgeschneiderte Therapieoptionen vorschlagen und auf mögliche Wechselwirkungen hinweisen. Bei seltenen Erkrankungen könnte die KI weltweit nach ähnlichen Fällen suchen und so Diagnosen immer weiter verbessern. Auch in der Prävention eröffnen sich neue Möglichkeiten: Algorithmen werden Risikopatient:innen frühzeitig identifizieren können und individualisierte Vorsorgeempfehlungen geben. All das käme deinen Patient:innen zugute – und würde dir dabei helfen, noch präziser zu arbeiten.

Ethische Gratwanderung

Doch bei all den faszinierenden Möglichkeiten darf man die Schattenseiten der KI nicht aus den Augen verlieren. Ihr Einsatz in der Medizin ist eine ethische Gratwanderung. Es ergeben sich elementare Fragen: Wie viel Entscheidungsgewalt dürfen Algorithmen haben, wenn es um die Gesundheit von Menschen geht? Besteht die Gefahr, dass die Technik im Vordergrund steht und die ärztliche Intuition in den Hintergrund gerät? Wie lassen sich die hochsensiblen Gesundheitsdaten vor Übergriffen schützen? Gerade der Datenschutz ist ein heikles Thema: KI-Systeme benötigen riesige Datenmengen, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Wenn diese Datenmengen in die falschen Hände geraten würden, könnte großer Schaden entstehen. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass KI-Systeme Vorurteile und Diskriminierungen reproduzieren, wenn sie mit einseitigen Daten trainiert werden.

Ärzt:innen bleiben Ansprechpartner:innen Nummer eins

Wie auch immer sich die Möglichkeiten der KI entwickeln, eines bleibt: Niedergelassene Ärzt:innen tragen auch zukünftig auf dem Gebiet der KI eine große Verantwortung. Sie müssen kritisch hinterfragen, welche Entscheidungen sie an die KI delegieren und wo das eigene menschliche Urteilsvermögen gefragt ist. Bei allem Fortschritt in der KI-Medizin gilt besonders für die Praxen, dass der Arzt oder die Ärztin immer Ansprechpartner:in Nummer eins für die Patientinnen und Patienten sein soll. KI darf und sollte nicht den aktiven Part in der Arzt-Patienten-Interaktion ersetzen.

Fit für die digitale Zukunft

Schon jetzt ist es wichtig und sinnvoll, sich mit dem Thema KI in der Praxis auseinanderzusetzen, damit die digitale Entwicklung nicht an dir vorbeizieht. Das Thema ist zwar breit gefächert, aber der Einstieg gut machbar. 
Es gibt Möglichkeiten, sich regelmäßig über neue Entwicklungen und Anwendungsmöglichkeiten zu informieren:

  • Ärztekammern, Fachgesellschaften und Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) bieten vielfältige Fortbildungen und Vorträge zum Thema KI in der Medizin an.
  • Auf dem KI-Campus, der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird, findest du eine Lernplattform für Künstliche Intelligenz. Es gibt dort Videos, Podcasts oder Online-Kurse zum Thema »KI in der Medizin«. Die Charité und das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) entwickeln den KI-Campus gemeinsam mit zahlreichen weiteren Partnern.
  • Auch der Austausch mit Kolleg:innen, die bereits KI-Systeme einsetzen, kann wertvolle Einblicke liefern.
  • Überlege dir, in welchen Bereichen deiner Praxis KI den größten Mehrwert bringen könnte und starte mit kleinen Pilotprojekten.
  • Beziehe dein Praxisteam von Anfang an mit ein und bereite es auf die Veränderungen vor. Nur wenn alle an einem Strang ziehen, kann die Integration von KI gelingen.
     

Über die Autor:innen

Das Redaktionsteam der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) ist die Dachorganisation aller 17 Kassenärztlichen Vereinigungen und vertritt die Interessen von Vertragsärzt:innen und Psychotherapeut:innen auf Bundesebene. Auf »Lass dich nieder!« gibt das Redaktionsteam Medizinstudierenden nützliche Tipps rund ums Studium und teilt Erfahrungen und Fakten rund um die ärztliche Niederlassung.

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