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Humor in der Medizin

Die stille Stärke

»Humor ist ein unglaublich wichtiger Faktor im Leben. Ohne Humor geht nichts«, sagt der Pneumologe, Schlafmediziner und Allergologe Dr. Hans-Christian Blum. Welche Rolle Humor in der Medizin spielt, erklärt er gemeinsam mit einem Kollegen in Fortbildungsseminaren. Im Interview beschreibt er, wie Ärzt:innen und Patient:innen von Humor in der Medizin profitieren können.

Dr. Hans-Christian Blum im Porträtbild.
Mithilfe von Humor lassen sich Ängste reduzieren und das Wohlbefinden fördern – das gilt für Patient:innen und Ärzt:innen. Speziell zum Thema „Humor in der Medizin“ gibt Dr. Hans-Christian Blum gemeinsam mit seinem Kollegen, dem Diplom-Psychologen Michael Kasper, Weiterbildungsseminare. ©privat

Lesedauer: 4 Minuten

Warum ist Humor in der Medizin wichtig und sinnvoll? 

Humor bedeutet nicht, dass man ein lustiger Mensch sein muss oder immerzu Witze erzählen sollte. Aber mit Humor als „innere Haltung“ kann man eine gewisse Distanz schaffen: zum Stress im ärztlichen Beruf, zu schwierigen Situationen im Alltag und auch zu sich selbst.

Und da die Medizin ein Fach ist, das sich in besonderem Maße mit Menschen und ihren Sorgen beschäftigt, spielt Humor dort eine große Rolle – bewusst oder unbewusst. Denn Ärzt:innen sind auch nur Menschen und der ständige Kontakt und die Auseinandersetzung mit großen und kleinen Problemen lässt auch uns nicht kalt.

Welche Rolle spielt Humor in der Kommunikation zwischen Ärzt:innen und Patient:innen?

Humor kann die Kommunikation verbessern. Er hilft dabei, Dinge besser zu vermitteln, denn Humor entspannt die Atmosphäre und vermindert Ängste: Er hat also einen therapeutischen Nutzen. Und Humor kann, wenn er authentisch und mit Feingefühl eingesetzt wird, eine vertrauensbildende Maßnahme sein, weil er Empathie, Wärme und Vertrauen und automatisch Kommunikation auf Augenhöhe erzeugt.

Es geht aber nicht darum, unbedingt witzig zu sein oder Witze erzählen zu können. Das ist ein häufiges Missverständnis. Ich sage gern, es ist hilfreich, eine gewisse Heiterkeit zu entwickeln, sich selbst und dem Leben gegenüber. Heiterkeit ist gerade in stark belastenden Situationen eine segensreiche Einstellung, die man durchaus üben und lernen oder sich bewusst machen kann. Darum geht es: Ängste zu reduzieren und das Wohlbefinden zu fördern. Denn Lachen setzt Endorphine frei.

Humor kann also eine Art Kommunikationsbrücke sein? 

Die interpersonelle Bindung, die Beziehung zwischen Ärzt:innen und Patient:innen kann mithilfe von Humor durchaus gefestigt werden und den Umgang auf Augenhöhe fördern. Das ist immer sehr individuell.

Sie geben gemeinsam mit dem Psychotherapeuten Michael Kasper ein Weiterbildungsseminar zum Thema »Humor in der Medizin«. Mit welcher Motivation kommen die Teilnehmer:innen zu Ihnen?

Wir haben in diesem Jahr zum ersten Mal ein dreitägiges Seminar veranstaltet. Wir haben dabei gelernt, dass die Motivation, warum die Kolleg:innen sich für diesen Kurs entschieden haben, unterschiedlich war: Ein Drittel kam, weil sie in einem sehr stressbelasteten Setting arbeiten, wie Notfallaufnahmen oder überlastete allgemeinärztliche Praxen. Da, wo viel Stress und Belastung herrschen. Einem Kollegen aus der Onkologie war es wichtig, eine professionelle Distanz zu dem Geschehen dort zu entwickeln. Andere Kollegen wollten ihre kommunikative Kompetenz allgemein verbessern.

Was lehren Sie im Seminar?

Humor im engeren Sinne muss man nicht erlernen. Sie müssen auch nicht auf eine besondere Art und Weise komisch sein. Es geht im Seminar und später bei der ärztlichen Arbeit darum, sich selbst zu reflektieren und besser kennenzulernen und darüber einen humorvollen Umgang mit sich selbst und dem Patienten zu entwickeln. Was bin ich für ein Mensch? Wie bin ich authentisch? Eine wichtige Frage. Denn wenn man authentisch ist, kann man einen guten Humor entwickeln, der bei der Kommunikation mit Patient:innen hilft. In dem Moment, in dem man sich verstellt oder besonders witzig sein will, geht es eher daneben.

Übrigens kann zynischer Humor das erste Zeichen eines Burnouts sein. Er zeigt an, dass sich etwas in einem in eine schlechte Richtung entwickelt. Wenn man also anfängt, zynische Witze über Patient:innen zu machen, ist das immer ein Warnzeichen.

Können Sie Beispiele nennen, wie man Humor in den ärztlichen Alltag einbringt?

Generell müssen wir als Arzt oder Ärztin sehen, wie wir wieder mehr Resilienz und Achtsamkeit in unsere Tätigkeit einbringen. Wir müssen die Patient:innen mit all ihren Ängsten, Sorgen und Beschwerden wahrnehmen und damit arbeiten. Wir entwickeln diese Fähigkeiten mit den Kolleg:innen gemeinsam und sehr individuell. Beispiele könnten als „Kochrezepte“ missverstanden werden. Deswegen möchte ich lieber keine konkreten Beispiele geben, auch wenn unsere Kursteilnehmer:innen sicher viele nennen könnten.

Wie groß ist die Herausforderung für Ärzt:innen, ihre Patient:innen, im Ganzen wahrzunehmen? 

Das ist definitiv eine Herausforderung. Sie sprechen das Setting des Arzt-Patienten-Gesprächs an. Gerade in der allgemeinmedizinischen Versorgung, aber natürlich auch im fachärztlichen Setting,  spielt die Fünf-Minuten-Medizin eine große Rolle: Es bleibt kaum Zeit für längere Gespräche und die Behandlung. Man muss die momentane Gemütslage der Patient:innen oft in sehr kurzer Zeit erfassen und verstehen. Wenn man das nicht tut, erlebt man eine Bauchlandung. Das ist aber überhaupt nicht schwer, wenn Sie professionell geübt sind den Patient:innen zuhören. Sie können dann in kurzer Zeit viel erfahren, wenn Sie die Menschen ausreden lassen.

Untersuchungen zeigen: Stellen Sie Patient:innen eine offene Frage wie »Was führt Sie zu uns?« und Sie lassen sie ausreden, dauert die Antwort meistens deutlich kürzer als vielmals befürchtet. In dieser kurzen Zeit erhalten Sie als Arzt oder Ärztin dann sehr viel Informationen und Ihnen wird die Verfassung und Gemütslage deutlich.

Versuchen Sie selbst Humor in Ihren Praxisalltag einzubringen?  

Ich hätte ungern das Image des witzigen Arztes, der immer lustig ist. Ich möchte, dass bei mir der Humor eher im Hintergrund mitschwingt. Ich hoffe so, dass ich für meine Patient:innen ein empathischer Arzt bin, also ein Arzt der sich einfühlen kann in die jeweilige Situation der Patient:innen und der ihnen eine distanziertere, heitere Sicht der Dinge vermitteln kann, gerade wenn der Leidensdruck hoch ist. Ich mag auch den Humor meiner Patient:innen und merke mir manche witzige Sprüche. Ich versuche, mit ein bisschen Abstand zum großen Stress auch mal über mich selbst zu lachen. Mir helfen dabei Entspannungs- und Resilienzübungen. Die eignen sich sehr gut, um seinen Humor wiederzufinden und herauszukitzeln und sind fester Bestandteil unserer Seminare. 
 

 

Über die Autor:innen

Das Redaktionsteam der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) ist die Dachorganisation aller 17 Kassenärztlichen Vereinigungen und vertritt die Interessen von Vertragsärzt:innen und Psychotherapeut:innen auf Bundesebene. Auf »Lass dich nieder!« gibt das Redaktionsteam Medizinstudierenden nützliche Tipps rund ums Studium und teilt Erfahrungen und Fakten rund um die ärztliche Niederlassung.

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