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Arzt als Arbeitgeber

Plötzlich Chef

Mit der eigenen Praxis wird man nicht nur sein eigener Chef, man trägt auch die Verantwortung für seine Mitarbeiter. Auf die neue Rolle als Unternehmer und Unternehmerin kann man sich vorbereiten.

Ein Arzt lächelt in die Kamera.
© Fotolia.com/contrastwerkstatt

Eine Arztpraxis ist ein Unternehmen: rund 250.000 medizinische Fachangestellte werden von niedergelassenen Ärzten und Ärztinnen beschäftigt. Angesichts dieser Größenordnung gehören Niedergelassene zu den wichtigen Arbeitgebern des Landes. Im Studium und während der Weiterbildung geht es um die medizinische Ausbildung, wenn man den Schritt in die Selbstständigkeit macht, ist man plötzlich Chef – mit allen Rechten und Pflichten, die dazugehören. In der Klinik gibt es Dienstpläne und klare Hierarchien, in der eigenen Praxis organisiert man die Arbeitsabläufe selbst und ist nicht nur für die Patienten verantwortlich, sondern auch für das Praxispersonal. Über den Erfolg einer Praxis entscheiden nicht nur die medizinischen Fähigkeiten, sondern auch das Zusammenspiel mit dem Praxisteam.

Verantwortung kann man lernen

Auf die neue Rolle als Praxisinhaber und -inhaberin können sich Ärzte und Ärztinnen schon in der Weiterbildung vorbereiten. Die Kassenärztlichen Vereinigungen bieten zahlreiche Seminare und Workshops an, in denen es neben dem betriebswirtschaftlichen Know-how auch um das Personalmanagement geht. Seit einigen Jahren spielt die Vorbereitung auf die Arbeit im ambulanten Bereich auch an den Universitäten eine größere Rolle. Die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München bietet den Medizinstudierenden bereits seit 2008 mit dem Seminar »Arzt und Unternehmer – Lern, wie deine Praxis läuft« ein Training für das Leben als Praxisinhaber oder -inhaberin. Auf dem Seminarplan steht nicht nur die Entwicklung eines Businessplans, es geht auch um Themen wie Arbeitsrecht, Mitarbeiterverträge und die Arbeitsorganisation in der Praxis.

Ein ähnliches Projekt hat das Allgemeinmedizinische Institut der Universität Erlangen mit dem Planspiel »Arzt und Unternehmer« initiiert. Das Wahlpflichtfach wird in jedem Sommer- und Wintersemester angeboten, die Studierenden erhalten Tipps von Niederlassungsexperten und werden das ganze Semester von einem Coach betreut.

Ein gutes Team

Die ersten Eindrücke, die Patienten von einer Arztpraxis gewinnen, entstehen durch ihre Mitarbeiter. Sie vergeben die Termine, begrüßen die Patienten im Empfangsbereich und begleiten sie beim ersten Besuch in die Warte- und Sprechzimmer. Das Team wird so zum Aushängeschild der Praxis. Die meisten Angestellten in einer Praxis sind Medizinische Fachangestellte (MFA). Sie halten den reibungslosen Praxisbetrieb aufrecht und kümmern sich dabei nicht nur um die organisatorischen Aufgaben, sondern assistieren dem Arzt und der Ärztin bei der Behandlung und unterstützen ihn bei der Betreuung der Patienten. Ein gut eingespieltes Praxisteam entlastet den Arzt oder die Ärztin und gibt ihnen die Möglichkeit, sich vor allem auf die ärztlichen Aufgaben konzentrieren zu können.
 
Für die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Team ist es wichtig, dass der Praxisinhaber und die -inhaberin sich der Verantwortung als Arbeitgeber oder -arbeitgeberin bewusst ist. Neben dem Erstellen von Dienstplänen und der Organisation der Arbeitsabläufe gehören dazu eine faire Bezahlung, das Schaffen einer guten Arbeitsatmosphäre und die Motivation der Mitarbeiter. Regelmäßige Teambesprechungen helfen nicht nur, die Abläufe in der Praxis zu optimieren, sie liefern dem Arzt und der Ärztin auch einen Eindruck über die Stimmung im Team. Ein guter Chef sollte seine Mitarbeiter im Blick haben und ihnen Aufgaben übertragen, die ihren Fähigkeiten entsprechen. Zur Stärkung der Motivation kann der Praxisinhaber oder die -inhaberin die Vereinbarkeit von Beruf und Familie unterstützen, seinen oder ihren Mitarbeitern regelmäßige Fortbildungen ermöglichen, ihnen durch Jobrotation neue Aufgabenbereiche anbieten und dadurch berufliche Entwicklungsmöglichkeiten eröffnen, von denen auch die Praxis profitiert.

Beschäftigung von Medizinern und Medizinerinnen

Seit einigen Jahren gibt es für Ärzte und Ärztinnen mehr Möglichkeiten, auch in der ambulanten Versorgung als Angestellte zu arbeiten. Nicht nur Medizinische Versorgungszentren (MVZ) können Mediziner und Medizinerinnen anstellen, auch selbstständig Tätige haben die Möglichkeit, Kollegen und Kolleginnen mit abgeschlossener Facharztausbildung zu beschäftigen. Die Praxisinhaber und -inhaberinnen können Ärzte und Ärztinnen anstellen, die in das Arztregister eingetragen sind. Zu den weiteren Voraussetzungen gehören ein freier Arztsitz und die Genehmigung des Zulassungsausschusses.

Allerdings hat die Anstellung von Ärztinnen und Ärzten auch eine Kehrseite. Jeder zweite Arzt in der vertragsärztlichen Versorgung arbeitet mittlerweile in Gemeinschaftspraxen oder einer Einrichtung wie einem Medizinischen Versorgungszentrum. Diese Tendenz führt dazu, dass es an weniger Standorten als bisher Angebote für die ambulante Versorgung gibt. Dies zeigt die Zahl der Praxen: Innerhalb von zehn Jahren gab es deutschlandweit einen Rückgang von 14,3 Prozent.

Dadurch dass sich immer weniger junge Medizinerinnen und Mediziner in der hausärztlichen Versorgung selbstständig machen möchten, ist die Zahl der Niedergelassenen in den vergangenen zehn Jahren um circa acht Prozent zurückgegangen. Damit gehen dem System vor allem Jene verloren, die besonders viele Stunden (53,3 Stunden je Woche) in der Patientenversorgung tätig sind. Entsprechend hat sich die Zahl der Angestellten seit 2007 fast versechsfacht. Waren 2007 nur rund 5.600 Ärzte angestellt, waren es 2017 bereits 31.477. Angesichts dieses stetigen Trends zur Anstellung (40-Stunden Woche) und zur Tätigkeit in Teilzeit werden immer mehr Ärztinnen und Ärzte benötigt, um das Versorgungsniveau aufrecht zu erhalten.

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