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News-Visite

Die News-Visite (Folge 2): Medizin, Musk und Murks

Was wird besser in der Medizin? Was liegt im Argen? Antworten darauf – und auf die Frage, warum die medizinische Fakultät Freiburg der Schwarzwaldklinik Konkurrenz macht – findest du in der aktuellen Newsvisite. Dem ersten garantiert unvollständigen News-Format für junge Medizin

Buntes Sprachrohr mit dem Titel News-Visite.

Lesedauer: 5 Minuten 

+++ Mehr Rechte für PJ-ler / Neuerung in der Notfallversorgung / Empathie als Kriterium +++

So nicht: Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) hat die Faxen dicke und dem Bundesministerium für Gesundheit eine Petition überreicht, in der sich 108.654 Unterstützerinnen und Unterstützer über ein vermurkstes System beschweren und für ein faires Praktisches Jahr (PJ) im Medizinstudium aussprechen. PJ-lerinnen und PJ-ler machen klar, dass sie keine kostenlosen Stationshilfen sind und fordern eine bessere Vorbereitung auf ihre ärztliche Tätigkeit. Außerdem verweist die bvmd auf eine Umfrage, die zeigt, dass bis zu 40 Prozent der Medizin­studie­renden im PJ auf ihr Erspartes zurückgreifen müssen und rund 28 Prozent zusätzlich auf Nebenjobs angewiesen sind. Ganz konkret fordern sie eine Aufwandsentschädigung in Höhe des BAföG-Höchstsatzes für jeden im PJ. Studierende, die älter als 25 Jahre sind, sollten zusätzlich ihren Krankenkassenbeitrag erhalten.

Wo muss sich in der Medizin außerdem noch etwas tun? In der Notaufnahme. Klassiker. Die Assistenzärztin Lisa berichtete darüber. Nun haben Ärztinnen und Ärzte aus Praxen und Krankenhäusern ein gemeinsames Konzept für die künftige Notfallversorgung ausgetüftelt. Der Marburger Bund (MB) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) haben sich auf die Steuerung von Patienten fokussiert, die akut hilfebedürftig sind. Angedacht ist die Einrichtung zentraler Anlaufstellen für Akut- und Notfallpatienten an Krankenhäusern, sogenannte »gemeinsame Tresen«. Für die weniger dringenden Fälle sieht das Konzept eine enge Kooperation mit den Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) vor. Eine Weiterleitung und schnelle Terminvergabe soll durch den bereits geplanten Ausbau der deutschlandweiten Rufnummer 116117 des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes und deren Verknüpfung mit der Notrufnummer 112 erfolgen.

Außerdem brauchen wir nicht nur bessere Orga-Strukturen, sondern auch mehr Empathie in der Medizin – sagt zumindest Mohammadreza Hojat, Professor für Psychiatrie an der Thomas Jefferson University in Philadelphia. Er spricht sich für den Einsatz von Empathie-Tests aus. Gleichzeitig appelliert er daran, das traditionelle Zulassungsverfahren nicht zu ersetzen. Mit 16.000 Medizinstudierenden hat er auch schon einmal etwas vorbereitet – einen Test nämlich. Das Ergebnis: Kranken geht es deutlich besser, wenn sie von mitfühlenden Ärztinnen oder Ärzten betreut werden (ach guck!). Immerhin ist diese Annahme nun offiziell empirisch bewiesen. Gut, auch hierzulande haben bereits zwei Unis Studien dazu veröffentlicht, dass ärztliches Einfühlungsvermögen über eine gewisse Heilkraft verfügt, aber Philadelphia hat vielleicht mehr Strahlkraft als Witten-Herdecke.

+++ Digitale Kompetenzen / Uni Freiburg goes Netflix / Medizin auf dem Land+++

Während das Thema Empathie im Masterplan 2020 auftaucht – zumindest sinngemäß, unter dem Punkt mit dem knackigen Namen »kompetenzorientierte Ausbildung« – wird dort ein anderes Thema eher stiefmütterlich behandelt. Und zwar die Digitalisierung. Sie ist nämlich kein Teil des Plans. Wie die Ergebnisse des Berufsmonitors Medizinstudium zeigen, ist die Motivation unter Studierenden bei diesem Thema zwar ziemlich hoch. Aber werden Medizinstudierende momentan auch ausreichend auf den digitalen Praxisalltag vorbereitet? Geht so, lautete nun das Fazit von Jeremy Schmidt und Lisa Schmitz von der bvmd beim Medizinischen Fakultätentag in Tübingen. Im Studium habe sie wenig bis nichts dazu gelernt, sagt Lisa Schmitz. Die Integration der Digitalisierung als Lerninhalt müsse unterschiedliche Aspekte wie Grundlagen der künstlichen Intelligenz (KI), Versorgungsfragen rund um die elektronische Patientenakte und digitale Assistenzprogramme oder Ethik und Recht umfassen. Eine große Baustelle sei den beiden zufolge außerdem die nötige Qualifikation der Lehrenden. Sie betonte die Wichtigkeit des Themas: Digitalisierung werde die Versorgungsrealitäten in Zukunft »substanziell verändern«.

Digitale Kompetenzen hat übrigens einmal mehr Tesla- und Paypal-Vater Elon Musk gezeigt. Mit seinem Unternehmen Neuralink will er das Hirn mit einem Computer verbinden, was erst mal schon fast ein alter Hut ist. Musk hat allerdings neue Pläne und will einen Roboter entwickeln, der wie eine Nähmaschine feine, sehr flexible Drähte ins Gehirn implantiert. Dabei betont er, die Roboter sollen beim Implantieren der Drähte auch darauf achten, keine Blutgefäße auf der Oberfläche des Gehirns zu verletzen (wie schön!). Noch gibt es keine Angaben, wann der Roboter in Serie geht.

Apropos Chips im Kopf und »in Serie gehen«: In den letzten Wochen wurde in Freiburg für die Netflix-Serie »Biohackers« gedreht. Sie handelt von einer Biohacking-Technologie, die in die falschen Hände gerät. Die Hauptprotagonistin ist die Medizinstudentin Mia. Gedreht wird unter anderem in der Unibibliothek, im Biologischen Institut und in den Kollegiengebäuden in der Freiburger Altstadt.

Nachdem die Schwarzwaldklinik nun also bald ihre Vorherrschaft im Nischengenre »Baden-Würtemberger Arztserien« verspielt haben könnte, braucht es demnächst vermutlich mehr, um jungen und angehenden Ärztinnen und Ärzten Lust auf die Medizin auf dem Land zu machen. Das weiß die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) in Stuttgart schon lange, die auf ihre »Koordinierungsstelle Allgemeinmedizin« setzt, die seit rund acht Jahren in ihr angesie­delt ist. Dort ist man sich über folgendes bewusst: In vielen Praxen wird die Nachfolge geregelt, indem eine Ärztin oder ein Arzt in Weiterbildung beschäftigt wird. Seit 2018 hat sich die KV die Weiterbildung daher 15,5 Millionen Euro kosten lassen. Aber hey, der Plan geht auf: In Baden-Württemberg interessieren sich seitdem deutlich mehr junge Medizinerinnen und Mediziner für eine hausärztliche Tätigkeit. Die Zahl der Absolventen, die sich für die Weiterbil­dung in der Allgemeinmedizin entscheiden, hat sich in den vergangenen Jahren verdreifacht. 

Übrigens weiß man nicht nur in Ba-Wü, wie sich junge Medizinerinnen und Mediziner für eine hausärztliche Tätigkeit auf dem Land begeistern lassen, sondern auch in Brandenburg. Die Landesregierung will mit einem Stipendium ärztlichen Nachwuchs insbesondere für die gesundheitliche Versorgung in den ländlichen Regionen gewinnen. Dafür bietet sie Medizinstudierenden aus ganz Deutschland eine Unterstützung im Wert von 1.000 Euro an, wenn sie sich für fünf Jahre zu einer Tätigkeit auf dem Lande nach dem Studium verpflichten. Angeboten wird auch ein Co-Stipendium von 500 Euro monatlich, wenn die Studierenden bereits ein anderes Stipendium erhalten. Schon nach zwei Wochen haben sich 25 Interessenten gemeldet. Das ist doch was.

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