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Assistenzärzt:innen im Stress

Umfrage 2024: Womit Assistenzärzt:innen in ihrem Klinikalltag kämpfen

Eine aktuelle Umfrage des Hartmannbundes zeigt alarmierende Zustände für Assistenzärzt:innen in deutschen Kliniken. Viele kämpfen mit unzureichenden Arbeitsbedingungen, die nicht nur die eigene Gesundheit, sondern auch die Qualität der Patientenversorgung gefährden. Inwieweit kann die ambulante Versorgung eine Lösung für den weiteren Karriereweg bieten?

Eine junge Assistenzärztin sitzt erschöpft im menschenleeren Flur eines Krankenhauses.
Der Arbeitsalltag in der Klinik ist für Assistenzärzt:innen Stress pur. Nicht nur die Qualität der Arbeit leidet, viele Nachwuchsmediziner:innen berichten zudem über gesundheitliche Probleme. ©iStock/Akarawut Lohacharoenvanich

Fast 500 Assistenzärzt:innen haben bei der aktuellen Umfrage des Hartmannbundes mitgemacht. Sie wurden zu verschiedenen Bereichen ihrer Arbeit befragt. Ihre Antworten offenbaren gravierende Probleme in deutschen Kliniken: Die Nachwuchsmediziner:innen sind mit ihren Arbeitsbedingungen sehr unzufrieden. Dafür gibt es viele Gründe: Rund 70 Prozent der Befragten berichten zum Beispiel, dass sie die gesetzlich vorgeschriebenen Pausenzeiten nicht einhalten können. Die Folge ist, dass die Mediziner:innen mitunter noch nicht einmal die Zeit haben, kurz etwas zu essen oder zur Toilette zu gehen. Diese ständige Überlastung führt dazu, dass nicht nur das Wohlbefinden der Ärzt:innen leidet, sondern auch die Patientenversorgung.

Zu viele Überstunden, kein Ausgleich 

Kaum oder gar keine Pausen zu haben sind im Arbeitsalltag schon sehr belastend. Die Überstundenproblematik ist ein weiteres großes Thema. Über 40 Prozent der Assistenzärzt:innen gaben an, dass sie ihre Überstunden nicht oder nur eingeschränkt dokumentieren können beziehungsweise dürfen. Ihren Aussagen zufolge liegt das oft an mangelhaften digitalen Systemen oder auch an den Vorgaben der Vorgesetzten. Es kommt vor, dass die Mediziner:innen hunderte Überstunden ansammeln, ohne Ausblick auf einen Zeitausgleich oder eine Auszahlung. Sie springen ständig bei personellen Engpässen ein, haben wenig Ruhezeiten und übernehmen teilweise drei und mehr 12-Stunden-Dienste in der Woche. Eine hohe physische und psychische Dauerbelastung, die deutliche Spuren hinterlassen kann.

Große Herausforderungen im Klinikalltag

Dass so viele Überstunden und Dienste geleistet werden müssen, liegt zum großen Teil an der allgemein angespannten Personalsituation in den Kliniken. Über 40 Prozent der Befragten bewerten die Personalsituation als unzureichend: Es bleibt kaum Zeit für die notwendige Behandlung, Gespräche mit Patient:innen und Angehörigen kommen zu kurz. Mitunter tragen die jungen Ärzt:innen schnell viel Verantwortung, für die sie häufig noch nicht bereit sind oder ausreichend Erfahrung gesammelt haben. Sie geben in der Umfrage an, dass sie kaum oder gar nicht eingearbeitet werden, dass sie schnell allein gelassen werden mit ihren Aufgaben und der Verantwortung für das Patient:innenwohl. Auch die immer noch herrschende starke Hierarchie in den Kliniken belastet das Miteinander und verhindert ein gutes Teamgefühl. In den Aussagen der Ärzt:innen ist immer wieder zu lesen, dass es nur wenig Wertschätzung und Anerkennung für ihre Arbeit gibt.

Bei einem Viertel der Befragten gibt es in den Kliniken als Antwort auf den großen Stress zwar Angebote zur Entspannung und Stressreduktion. Allerdings können die Assistenzärzt:innen diese aus Zeitgründen in vielen Fällen nicht nutzen.

Ein weiteres Thema, das für Frust sorgt, ist die Digitalisierung. Rund 70 Prozent der Assistenz:ärztinnen berichten beispielsweise von Doppeldokumentationen und über 90 Prozent haben mit IT-Problemen zu kämpfen, die den Arbeitsalltag zusätzlich unnötig erschweren.

Gedanken zum Berufswechsel

Es ist also nicht überraschend, dass mehr als ein Drittel der Assistenzärzt:innen ernsthaft darüber nachdenkt,  den Beruf zu wechseln. Hohe Arbeitsbelastung, wenig Freizeit und mangelnde Wertschätzung lassen andere Berufsfelder deutlich attraktiver erscheinen.

Ein anderer möglicher Weg: Es ist möglich, die Weiterbildung in einer Praxis machen, wenn du dich für das Fach Allgemeinmedizin interessierst.  

Ambulante Versorgung als Alternative

Trotz der gravierenden Probleme in der klinischen Tätigkeit, empfinden immer noch rund 89 Prozent der jungen Ärzt:innen ihre Arbeit grundsätzlich als sinnvoll. Als eine mögliche Alternative für die Karriereplanung kommt für einen Teil der Befragten die Arbeit in der ambulanten Versorgung infrage: Momentan können sich rund 25 Prozent der Assistenz:ärztinnen vorstellen, angestellt in einer Praxis zu sein, ca. 12 Prozent denken über eine eigene Praxis nach und ca. 16 Prozent finden die Perspektive einer Teilhabe an einer Gemeinschaftspraxis attraktiv.

Selbstverständlich gibt es auch dort Herausforderungen im Arbeitsalltag, aber eben auch Spielraum, die eigene Arbeits- und Lebensplanung stärker nach den eigenen Bedürfnissen  zu gestalten, als es im Klinikkosmos oft möglich ist: besonders im Hinblick auf geregelte Arbeitszeiten und Dienste, auf die Möglichkeiten einer guten Work-Life-Balance in unterschiedlichen Praxismodellen oder auf eine engere Beziehung zu den Patient:innen.

 

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