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Allgemeinmedizin

»Ich gehe jetzt zufrieden nach Hause«

Er hat ein paar Jahre gebraucht, um zu erkennen, was er will. Dabei führte ihn sein Weg quer durch Deutschland, nach Indien und wieder zurück. Heute ist Dr. Michal Olszewski Hausarzt und »aus tiefstem Herzen dankbar«.

Mann blickt in die Kamera
Nach dem Studium in Berlin zog es Michal Olszewski in eine Klinik nach Ludwigshafen, bevor er im Ausland eine prägende Erfahrung machte. © Chris Noltekuhlmann

Fünf Uhr morgens, der Wecker klingelt. Michal rappelt sich auf. Gerade hat er noch von seiner Arbeit geträumt, jetzt werden die Gedanken realer. In einer Stunde muss er in der Klinik sein und die Chefarztvisite vorbereiten. Was ihn dort erwartet? Ein Vorgesetzter, der keine Unsicherheiten akzeptiert und sie vor versammeltem Kollegium im Kasernenton abstraft. Die Woche war hart, der Tag wird lang – und jetzt noch diese Art der Visite. Am Ende des Tages trifft Michal eine Entscheidung: Er kündigt. 

Mittlerweile ist das zehn Jahre her. Heute schmunzelt der 39-Jährige darüber und sagt: »Ich hatte einfach keine Lust mehr auf ständige Wochenenddienste, Nachtdienste und diese Chefärzte alten Schlags.« Was er eigentlich wollte, wurde ihm erst während der nächsten Jahre klar. 

»Ein Chefarzt, der mich sehr gepusht hat«

Zunächst zog es Michal ins Ausland, in die indische Stadt Kolkata, wo er in der Entwicklungshilfe für die German Doctors arbeitete. Er gehörte zu einem von drei Zweierteams, die in Slum-Ambulanzen unter anderem infektiöse Erkrankungen, Fehlernährung und Lungenerkrankungen behandelten. »Erst dort ist mir wieder aufgefallen, wie sehr es mir gefehlt hat, nah am Patienten zu arbeiten«, sagt Michal. Als er Indien sechs Monate später wieder verlassen hatte und nach Deutschland zurückgekehrt war, führte sein Weg über ein Krankenhaus für Anästhesiologie in Mannheim. »Dort hatte ich einen großartigen Chefarzt, der mich sehr gepusht und mir viel Selbstvertrauen gegeben hat.«

Allerdings gab es eine Situation, die Michal vor Augen führte, dass Anästhesie nicht die richtige Fachrichtung für ihn ist: Im Vorraum des Operationssaals wollte er eine 80-jährige Patientin beruhigen, die Angst vor der Narkose hatte. Er legte die Hand auf ihre Schulter. Doch die Oberärztin signalisierte ihm deutlich: schneller spritzen. »Mein Ziel war aber mehr und nicht weniger Kontakt zu den Patienten«. Deshalb verließ er die Klinik wieder, absolvierte in einer Praxis die Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin und arbeitet seitdem als Angestellter in einer Gemeinschaftspraxis. 

Vom Krankenhaus in die Niederlassung: »Die Patientenkontakte sind wirklich toll«

»Über diese Wahl bin ich aus tiefstem Herzen dankbar, weil mich der Alltag erfüllt«, sagt er. »Die Patientenkontakte sind wirklich toll – und ich gehe jetzt zufrieden nach Hause.« Genau darin liege auch der größte Unterschied zu seinen vorherigen Tätigkeiten. »Als Hausarzt kann man über Jahre eine besondere Beziehung zu seinen Patienten aufbauen. Man lernt das soziale Umfeld, die Lebens- und Ernährungsgewohnheiten kennen, was sich auch im Krankheitsbild widerspiegelt. Das macht es sehr spannend und vielfältig.« Zwar sei es in der Praxis nicht immer einfach, sich Zeit für die Patienten zu nehmen, aber oft reichten auch schon fünf Minuten. »Die Kunst ist, sich den Stress nicht anmerken zu lassen und immer aufmerksam zu sein.«

Ob er sich auch die Selbstständigkeit mit einer eigenen Niederlassung vorstellen kann? »Darüber habe ich mit dem Praxisinhaber gesprochen. Ein Modell, das für uns beide in Frage kommt, wäre eine gleichberechtigte Partnerschaft in der Gemeinschaftspraxis. Denn so kann ich mir selbst Strukturen schaffen, mit denen ich mich bis zu meiner Rente wohlfühle.«

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